Leitsatz (amtlich)

Zur Haftung des Betreuungsvereins in den Fällen, in denen ein Mitarbeiter des Vereins gem. § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB als persönlicher Betreuer (Vereinsbetreuer) bestellt ist.

 

Normenkette

BGB § 1791a Abs. 1, 3 S. 2, § 1897 Abs. 2 S. 1, § 1908 f. Abs. 1, §§ 1909, 1908i Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Urteil vom 05.09.2008; Aktenzeichen 2 O 420/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 1. wird das am 5.9.2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach teilweise abgeändert und die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen.

II. Die Berufung des Beklagten zu 2. wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger zu 58 % sowie der Beklagte zu 2. zu 42 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. fallen dem Kläger zur Last. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. tragen der Kläger 15 % sowie der Beklagte zu 2. 85 %.

Von den Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers der Kläger sowie der Beklagte zu 2. jeweils zu 50 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. fallen dem Kläger zur Last. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. hat dieser selbst zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die jeweils andere Partei vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen, soweit der Kläger gegen den Beklagten zu 1) unterlegen ist.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 54.360,99 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen Verletzung der sich aus dem Betreuungsverhältnis ergebenden Pflichten als Gesamtschuldner in Anspruch. Der Kläger wurde in der Zeit von Februar 1997 bis Juni 2004 von dem Beklagten zu 2. als Vereinsbetreuer im Bereich der Vermögenssorge betreut; dieser war bei dem Beklagten zu 1. als Betreuungsverein angestellt.

Der heute 32 Jahre alte Kläger leidet an einer angeborenen Lernbehinderung im Grenzbereich zur geistigen Behinderung; er ist nicht in der Lage, seine Vermögensangelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln.

Am 4.12.1995 verstarb der Vater des Klägers und wurde von diesem sowie von der Mutter des Klägers zu jeweils 1/2 beerbt. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus einem mit 7 % p. a. verzinslichen Sparkassenbrief der ... Sparkasse B. (Sparkassen-Brief Nr ... 01) über den Nominalwert von 200.000 DM, der zum 1.1.1999 fällig war. Am 18.1.1996 unterzeichneten der Kläger und seine Mutter in den Geschäftsräumen der Sparkassenfiliale B. nach Vorlage des auf sie als Miterben ausgestellten Erbscheins eine Erklärung, wonach der bisher auf den Namen des verstorbenen Vaters lautende Sparkassenbrief auf die Mutter des Klägers umgeschrieben wurde (Bl. 7 GA).

Mit Schreiben vom 4.9.1996 regten die N ...-Werkstätten I ... - eine Werkstatt für Behinderte, in der der Kläger zu diesem Zeitpunkt tätig war - mit Blick auf das dem Kläger von seinem Vater hinterlassene Vermögen die Einrichtung einer Betreuung für die Vermögensfürsorge an (Bl. 1 der Betreuungsakten des AG Sobernheim, Az. 5 XVII 101/04). Die daraufhin veranlasste amtsärztliche Begutachtung durch das Gesundheitsamt I ... ergab, dass bei dem Kläger eine Lernbehinderung im unteren Bereich an der Grenze zur geistigen Behinderung vorlag, so dass er ohne Unterstützung von außen sein Leben nicht in allen Angelegenheiten selbst werde regeln können (Bl. 102 ff. GA). Zwar sei es ihm praktisch möglich, Personen zur Regelung seiner Angelegenheiten zu beauftragen; er habe jedoch keine Möglichkeiten, diese Personen dahingehend zu kontrollieren, ob sie sein Vermögen in seinem eigenen Interesse verwalteten oder nicht. Die Mutter des Klägers, so das Gutachten weiter, scheide als Betreuerin aus, da der Eindruck bestehe, dass sie die Angelegenheiten ihres Sohnes nicht besser hinterfragen könne als dieser selbst. Die Behinderung werde zeitlebens bestehen und eine Unterstützung durch einen Betreuer auf Dauer notwendig sein.

Durch Beschluss vom 28.2.1997 wurde der Beklagte zu 2. als hauptamtlicher Mitarbeiter des Beklagten zu 1. zum Betreuer des Klägers mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge und der Rehabilitation bestellt (Bl. 282 GA). Der Beklagte zu 2. nahm seine Tätigkeit auf und erstellte unter dem 2.6.1997 ein Vermögensverzeichnis, in welchem der genannte Sparkassenbrief mit dem hälftigen Erbanspruch des Klägers im Wert von 100.000 DM aufgeführt ist (Bl. 23 der Betreuungsakten). Die Betreuung gestaltete sich von Anfang an als sehr schwierig, insb. dann, wenn es um Geldfragen ging. Mit Schreiben vom 26.6.1997 teilte der Beklagte zu 2. dem zuständigen VormG mit, dass der Kläger eine Änderung des Sparkassenbriefes zugunsten seiner Mutter vorgen...

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