Leitsatz (amtlich)

1. Eine selbstständige Handelsvertretung verfügt zwar in der Regel weder über einen in den Zugewinnausgleich fallenden sog. Goodwill noch ist der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in den Zugewinnausgleich einzubeziehen. In den Zugewinnausgleich fällt jedoch der Substanzwert der selbstständigen Handelsvertretung (Anschluss an BGH FamRZ 2014, 368), also z.B. ihr Anlagevermögen.

Obgleich daher im Zugewinnausgleichsverfahren keine Auskunft zur Ertragslage der Handelsvertretung benötigt wird, kann im Rahmen der Auskunftsstufe regelmäßig die Vorlage der letzten drei Bilanzen bzw. Jahresabschlüsse vor dem maßgeblichen Stichtag verlangen kann. Denn diese weisen u.a. Anlage- und Umlaufvermögen, Eigenkapital sowie Schulden aus.

2. Eine Teilauskunft führt grundsätzlich nicht zur teilweisen Erfüllung des Auskunftsanspruchs, so dass auch nach erfolgter Teilauskunft der ursprüngliche umfassende Auskunftsantrag weiterverfolgt werden kann (Anschluss an BGH FamRZ 2015, 127).

 

Normenkette

BGB § 1379

 

Verfahrensgang

AG Neuwied (Beschluss vom 09.03.2016)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Teilanerkenntnisbeschluss und Teilbeschluss des AG - Familiengericht - Neuwied vom 09.03.2016 in Ziff. 3 seines Tenors teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

3. Der Antragsgegner wird verpflichtet, Auskunft über den Wert seiner freien Handelsvertretung (Substanzwert) zum Stichtag 20.04.2013 zu erteilen und diese Auskunft zu belegen durch die Vorlage der Bilanz bzw. Jahresabschlüsse für die Jahre 2010, 2011 und 2012.

Im Übrigen wird der Auskunfts- und Belegantrag der Antragstellerin zu den Stichtagen Anfangs- und Endvermögen (20.05.1983 und 20.04.2013), soweit die Beteiligten den Auskunfts- und Belegantrag nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

III. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sich rechtskräftig geschiedene Eheleute und streiten um Zugewinnausgleich.

Auf den Stufenantrag der Antragstellerin hat das Familiengericht den Antragsgegner in der ersten Stufe zur Auskunft und zur Vorlage von Belegen über sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt (01.01.2012) verpflichtet. Hinsichtlich des Anfangs- und Endvermögens hat es den Auskunfts- und Belegantrag demgegenüber zurückgewiesen und dies damit begründet, dass die Antragstellerin zwar eine Ergänzung der unvollständig erteilten Auskunft verlangen könne, hierfür jedoch ihren pauschalen Antrag hätte anpassen müssen. Denn sie habe keinen Anspruch auf eine erneute vollumfängliche Auskunft.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer auf ergänzende Auskunft und Belegvorlage hinsichtlich bestimmter Positionen (Lebensversicherung, Gewerbebetrieb und freiberufliche Praxis) im Endvermögen des Antragsgegners beschränkte Beschwerde. Nachdem der Antragsgegner im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens sukzessive weiter Auskunft erteilt und erklärt hat, seit rund 30 Jahren freier Handelsvertreter zu sein, und dies seit 01.05.2011 bei der P., haben die Beteiligten das Rechtsmittel teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Übrigen hat der Antragsgegner das Begehren der Antragstellerin weitgehend anerkannt, nämlich mit Ausnahme des Antrags auf Vorlage der Bilanz bzw. des Jahresabschlusses seiner freien Handelsvertretung für das Jahr 2010. Hierzu macht der Antragsgegner geltend, dass er im Jahr 2010 noch nicht freier Handelsvertreter bei der P. gewesen sei.

II. Auf die nach §§ 58 ff., 117 FamFG statthafte und auch sonst aus formeller Sicht nicht zu beanstandende Beschwerde war der Antragsgegner gemäß seines Teilanerkenntnisses und auch darüber hinaus zur Vorlage der Bilanz bzw. des Jahresabschlusses seiner freien Handelsvertretung für das Jahr 2010 zu verpflichten. Ebenfalls waren ihm, auch unter Einbeziehung des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsmittels, die gesamten Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

1. Die dem Anerkenntnis des Antragsgegners folgende Verpflichtung ergibt sich aus §§ 113 Abs. 1 FamFG, 307 Satz 1 ZPO.

2. Gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB kann die Antragstellerin im Rahmen der Belegpflicht des Antragsgegners hinsichtlich seiner freien Handelsvertretung zum Endvermögensstichtag (20.04.2013) neben der anerkannten Vorlage der Bilanz bzw. Jahresabschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 ebenfalls jene für das Jahr 2010 verlangen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfügt eine selbstständige Handelsvertretung zwar in der Regel weder über einen in den Zugewinnausgleich fallenden sog. Goodwill noch ist der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in den Zugewinnausgleich einzubeziehen (vgl. BGH FamRZ 2014, 368). In den Zugewinnausgleich fällt jedoch der Substanzwert der selbstständigen Handelsvertretung (vgl. BGH aaO.), also z.B. ihr Anlagevermögen. Auch wenn die Antragstellerin somit keine Auskunft zur Ertragslage der Handelsvertretung des Antragsgegners benötigt, ist der Sen...

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