Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 28.01.1997; Aktenzeichen 2 O 237/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 28. Januar 1997 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 280.500 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.8.1996 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe der von dem Kläger am 4. und 8. Oktober 1993 erworbenen Fokker-Anleihen an die Beklagte.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreit hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer Großbank, einer Sparkasse des öffentlichen Rechts oder einer Raiffeisen- oder Volksbank mit Sitz in der Europäischen Union erbracht werden.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 300.000 DM mit der Begründung, dieser Schaden sei ihm dadurch entstanden, dass die Beklagte ihm die Anlage eines Betrages von 300.000 DM in Fokker-Anleihen empfohlen habe, ohne ihn über die mit dieser Anleihe zusammenhängenden Risiken aufzuklären. Die Anlage ist in Verfall geraten.

Die Parteien streiten darüber, ob der Vertreter der Beklagten bei dem Beratungsgespräch erklärt habe, die Fokker-Anleihen seien ohne jegliches Risiko und so gut wie mündelsicher.

Die Beklagte weist darüber hinaus darauf hin, dass der Kläger in Anlagefragen nicht unerfahren sei und darüber hinaus früher Lufthansa-Anteile besessen habe. Auch habe er aufgrund zweier unabhängiger Entschlüsse Fokker-Anleihen am 4. Oktober 1993 und am 8. Oktober 1993 erworben. Dem Kläger sei es darum gegangen, eine höhere Rendite zu erwirtschaften, als sie mit Festgeldanlage gegeben gewesen sei. Bei der Auswahl der Anleihe habe er nicht gewünscht, dass diese mündelsicher zu sein habe. Darüber hinaus sei er auf das Risiko einer Industrie-Anleihe hingewiesen worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Beide Parteien wiederholen ihren Vortrag erster Instanz und ergänzen ihn.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und durch Zeugenvernehmung.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 9. April 1999 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung hat im Wesentlichen Erfolg.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die unzureichende Beratung vor dem Kauf der „Fokker-Anleihe” entstanden ist, Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile.

a) Zwischen den Parteien kam es zum Abschluss eines Beratervertrages, als der Kläger mit dem Anliegen an die Beklagte am 4. Oktober 1993 herantrat, er suche eine neue Anlage für den Betrag in Höhe von 300.000 DM, der zuvor in Luxemburg als Festgeld angelegt worden war (BGHZ 100, 117).

Diese Beziehung verpflichtete die Beklagte zur sorgfältigen Beratung und Erteilung von umfassenden Auskünften unter Berücksichtigung der persönlichen Interessen des Klägers und einer möglichst umfassenden Aufklärung über die sachlichen Gesichtspunkte der empfohlenen Anlage (OLG Düsseldorf WM 1994, 1468; OLG Braunschweig WM 1994, 59; BGHZ 123, 126).

Dabei muss die Beratung durch die Bank sachlich richtig, klar und vollständig sein. Dieser Verpflichtung muss die Bank von sich aus nachkommen, d.h. auch ohne vom Kunder konkret dazu aufgefordert worden zu sein (BGHZ 74, 103, 106).

Insbesondere hat bei der Anlageberatung die Bank den Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft zu berücksichtigen (anliegergerechte Beratung), das von ihr danach empfohlene Anlageobjekt muss diesen Kriterien Rechnung tragen (objektgerechte Beratung).

Diesen Kriterien wird die Beratung durch den als Zeugen vernommenen Angestellten der Bank, E., nicht gerecht.

b) Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger betont habe, dass er eine sichere Anlage wünsche. Die Zeugin L. bekundete, der Kläger habe bei jedem Gespräch betont, dass dieser Betrag letztendlich seiner Altersversorgung diene und daher sicher angelegt werden müsse. Demgegenüber erklärte der Zeuge E., es sei nicht darüber gesprochen worden, welchem Zweck die Anlage dienen sollte. Das hätte jedoch für den Zeugen E. Veranlassung sein müssen, den Kläger vor der Beratung über seine Risikobereitschaft in diesem Fall zu befragen. Der Zeuge hat daher schon insoweit pflichtwidrig gehandelt, als er dem Kläger eine Anlage empfohlen hat, ohne sich darüber Gewissheit...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge