Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufklärungspflicht über Möglichkeit des Kaiserschnitts bei Gefahr einer Schulterdystokie

 

Normenkette

BGB §§ 276, 823, 847

 

Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 6 O 314/92)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers zu 1) wird der mit der Klage (Klageantrag zu 1) und 2)) geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch des Klägers zu 1) gegen den Beklagten zu 2) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Das am 27.6.1996 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Trier wird, soweit die auf Feststellung gerichtete Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen worden ist, abgeändert wie folgt:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger zu 1) alle künftigen Schäden zu ersetzen, die ihm aus den am 22.10.1989 erlittenen Verletzungen entstehen werden, soweit Ansprüche nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger, übergegangen sind.

Die Berufung wird zurückgewiesen, soweit durch das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Trier vom 27.6.1996 die Klage des Klägers zu 1) gegen die Beklagten zu 1) und 3) abgewiesen worden ist.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 1) die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3).

Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger zu 1) darf die Vollstreckung der Beklagten zu 1) und 3) durch Sicherheitsleistung jeweils i.H.v. 12.000 DM abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit darf durch selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, Raiffeisenbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1), der als Kind der Klägerin zu 2) am 22.10.1989 im H.-Krankenhaus in … geboren wurde, verlangt Schmerzensgeld und Schadensersatz von den Beklagten wegen Gesundheitsschäden, die er bei seiner Geburt erlitten hat.

Die damals 29-jährige Klägerin zu 2) wurde zur Entbindung am 22.10.1989 um 12.30 Uhr in die gynäkologische Abteilung des H.-Krankenhauses aufgenommen, nachdem bei ihr starke Wehen aufgetreten waren. In der Entbindungsstation führte der Beklagte zu 1) als Assistenzarzt die Aufnahmeuntersuchung durch. Im Geburtsbericht vermerkte er für 12.30 Uhr u.a.: „Sono: Bip: 10,2, Kopf über Becken”. Darüber befindet sich unter derselben Uhrzeit der von einer dritten Person stammende Eintrag: „Kopf tief und fest, BE”. In welcher Zeit der Beklagte zu 1) im Kreißsaal zugegen war, ist streitig. Geburtshilfe leistete als Hebamme die Beklagte zu 3). Diensthabender Oberarzt war der Beklagte zu 2), der gegen 14.30 Uhr im Kreißsaal erschien. Dort legte er der Klägerin einen – von dieser zunächst verweigerten – intravenösen Zugang und führte eine weitere Ultraschalluntersuchung durch, wozu im Geburtsbericht u.a. vermerkt ist: „bip 9,7, th.q. (11,7), Gewicht 3.800 g” und „Kopf im BE”. Nachdem der Beklagte zu 2) sich zwischenzeitlich aus dem Kreißsaal entfernt hatte, stieß er gegen 17.00 Uhr erneut zu den übrigen Geburtshelfern.

Nach Durchführung einer Episiotomie erfolgte um 17.22 Uhr die Geburt des Kopfes. Es trat jedoch eine Schulterdystokie auf. Erst nach einer weiteren Episiotomie konnten die Schultern entwickelt werden. Das Geburtsgewicht des Klägers betrug 5.400 g, seine Schulterbreite 48 cm.

Der Kläger leidet seit seiner Geburt an einer Plexuslähmung des linken Armes.

Die Kläger haben vorgetragen, die Befunderhebung durch die Beklagten zu 1) und 2) sei unvollständig und fehlerhaft gewesen, die Beklagten zu 1) bis 3) hätten Fehler bei der Geburtshilfe begangen, das Unterbleiben einer Schnittentbindung sei vorwerfbar und es liege ein Verstoß gegen die ärztliche Aufklärungspflicht bezüglich der Möglichkeit einer Schnittentbindung vor. Diese Fehler seien ursächlich geworden für die eingetretenen Gesundheitsschäden.

Die Kläger haben beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger zu 1) ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit, zu Händen der Kindesmutter, Frau S.N., zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger zu 1) darüber hinaus eine am 1. eines jeden Monats fällige Schmerzensgeldrente, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, beginnend mit dem 1. eines Monats, der auf die Klagezustellung folge, zu Händen der Kindesmutter, Frau S.N., zu zahlen und nicht rechtzeitig gezahlte Beträge mit 4 % ab Fälligkeit zu verzinsen;

3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet seien, als Gesamtschuldner dem Kläger zu 1) alle zukünftigen Schäden zu ersetzen, die ihm aus den am 22.10.1989 erlittenen Verletzungen entstehen werden;

4. die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.

Die Beklag...

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