Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung, Prozesskostenhilfe (Wiederaufnahme der Ratenzahlungen)

 

Leitsatz (amtlich)

Verwirkung des Nachforderungsrechts der Staatskasse, wenn zuvor die von der PKH – Partei zu leistenden Restraten „endgültig” festgelegt worden sind.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 3; GKG § 7 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Andernach (Aktenzeichen 7 F 41/96)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Andernach vom 9.2.1999 aufgehoben.

Es bleibt bei der endgültigen Ratenzahlungsanordnung im Beschluss vom 3.3.1997.

 

Gründe

Die nach §§ 11 Abs. 1, 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.

Dem Antragsteller war mit Beschluss vom 18.4.1996 Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung bewilligt worden. Mit Beschluss vom 17.6.1996 war die zu zahlende Monatsrate auf 120 DM herabgesetzt worden. Mit Beschluss vom 3.3.1997 hat das Amtsgericht „die endgültig durch den Antragsteller noch zu leistende Ratenzahlung auf 23 Raten zu je 120 DM und eine Teilrate von 101,80 DM festgelegt”. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9.2.1999 hat es eine neue „endgültige” Ratenzahlung festgesetzt und weitere 5 Raten (nach-)gefordert. Hierzu war es nicht berechtigt.

Es kann vorliegend dahinstehen, ob tatsächlich – wie das Amtsgericht unter Berufung auf eine Entscheidung des 11. Zivilsenats meint (11 UF 124/98 OLG Koblenz) – für den Vergleichsabschluss eine 15/10 Anwaltsgebühr anzusetzen ist oder nicht – der erkennende Senat hat sich insoweit noch nicht festgelegt –, jedenfalls wäre ein etwaiges hierauf beruhendes Nachforderungsrecht der Staatskasse in entsprechender Anwendung des § 7 Satz 1 GKG verwirkt.

Zwar ist die Staatskasse grundsätzlich verpflichtet, die im Prozesskostenhilfebeschluss angeordneten Raten bis zur vollen Deckung der weiteren Vergütung eines Rechtsanwalts einzuziehen (vgl. z. B. OLG Stuttgart, JurBüro 85, 1724; LAG Hamm, MDR 97, 405). Deshalb hat der Rechtspfleger auch, wenn er vorzeitig die Einstellung der Ratenzahlungen angeordnet hat, grundsätzlich die Wiederaufnahme dieser Zahlungen anzuordnen (vgl. OLG Stuttgart a. a. O.). Vorliegend hat der Rechtspfleger allerdings – entgegen dem Wortlaut des § 120 Abs. 3 ZPO mit dem Beschluss vom 3.3.1997 die Ratenzahlungen nicht „vorläufig” eingestellt, sondern die vom Antragsteller noch zu leistenden Raten ausdrücklich „endgültig” festgelegt. In diesem Fall steht der Vertrauensgrundsatz einer Abänderung entgegen, jedenfalls nachdem bis zur abändernden Entscheidung fast zwei Jahre vergangen und sämtliche Raten aus der „endgültigen Festlegung” gezahlt worden sind. Mit der Formulierung „endgültig” hat der Rechtspfleger einen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen der Zahlungspflichtige bei objektiver Betrachtungsweise annehmen durfte, die Staatskasse werde weitere Ansprüche nicht gegen ihn geltend machen. Auch aus der Begründung des Beschlusses vom 3.3.1997 läßt – sich nichts anderes entnehmen. Dort sind die Gerichts- und Anwaltskosten berechnet worden, und zwar einschließlich der weiteren Vergütung des Anwalts nach § 124 BRAGO; dass diese Berechnung nur vorläufig sein sollte und noch irgendwelche Gebühren offenstehen könnten, ergab sich hieraus nicht. Anschließend wurde die noch offenstehende Restforderung der Staatskasse angegeben, die genau der „endgültigen” Ratenzahlungsanordnung entsprach. Unter diesen Umständen kam dem in der Beschlussformel verwendeten Wort „endgültig” für jeden objektive Betrachter auch die Bedeutung „endgültig” zu.

Wäre der Antragsteller vermögend gewesen und hätte die Verfahrenskosten in einer Summe zahlen können, wäre eine Nachforderung wegen irrigen Kostenansatzes (aufgrund zwischenzeitlich geänderter Rechtsprechung) nach § 7 Satz 1 GKG am 9.2.1999 nicht mehr möglich gewesen. Nach dieser Vorschrift dürfen Kosten wegen irrigen Ansatzes nur nachgefordert werden, wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres, nachdem die Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, mitgeteilt worden ist. Hierdurch soll der Kostenschuldner gegen eine verspätete Nachforderung von Gerichtskosten geschützt werden (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 7 GKG Rdnr. 2). Erledigt worden ist das Verfahren vorliegend durch das Urteil in der Hauptsache vom 27.11.1996, das am 31.1.1997 rechtskräftig geworden ist. Nach Ablauf des Jahres 1998 wäre deshalb eine Nachforderung nach § 7 Satz 1 GKG ausgeschlossen. Um eine Benachteiligung des bedürftigen Kostenschuldners zu vermeiden, ist deshalb § 7 GKG – jedenfalls wenn wie vorliegend ein ähnlicher Vertrauenstatbestand wie eine vorbehaltlose Kostenrechnung, die der Kostenschuldner berechtigterweise für endgültig halten durfte (vgl. Hartmann, a. a. O., Rdnr. 4), zugunsten des Zahlungspflichtigen gesetzt worden ist – entsprechend anzuwenden (vgl. OLG Stuttgart, a. a. O.; OLG Hamm, JurBüro 83, 614; ähnlich OLG Köln, JurBüro 98, 539; OLG Düsseldorf, Rechtspfleger, 95, 421).

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