Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarter Ausschluss von Unterhaltsansprüchen nach Trennung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Nichtigkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt erstreckt sich regelmäßig nicht auf den gleichzeitig erklärten Verzicht auf nachehelichen Unterhalt.

 

Normenkette

BGB §§ 139, 1585c, 1614 Abs. 1, § 1361 Abs. 4 S. 4, § 1360a Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Lahnstein (Beschluss vom 08.09.2006; Aktenzeichen 5 F 361/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Lahnstein vom 8.9.2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Parteien sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Die Klägerin begehrt im Wege der Stufenklage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt für die Zeit ab 1.3.2005.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Leistungsanspruch mangels Erfolgsaussicht zurückgewiesen, da die Parteien zulässigerweise nacheheliche Unterhaltsansprüche in einer am 1.8.2002 getroffenen Vereinbarung ausgeschlossen hätten.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, Ziff. 2 der Vereinbarung könne keine abschließende Regelung hinsichtlich eines Verzichts auf nachehelichen Unterhalt entnommen werden. Selbst wenn die Vereinbarung sowohl den Trennungs- als auch den nachehelichen Unterhalt umfasse, sei diese nach §§ 134, 139 BGB insgesamt nichtig, da ein Verzicht auf Trennungsunterhalt unwirksam sei.

Das in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen, nacheheliche Unterhaltsansprüche der Klägerin seien aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung vom 1.8.2002 vertraglich ausgeschlossen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Zu Recht weist das FamG auf die Eindeutigkeit des Wortlautes - "erlischt der Anspruch auf Unterhalt endgültig" - hin. Zudem ist im Folgenden ausdrücklich vereinbart, dass der Beklagte ab dem 15.8.2002, unabhängig davon, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht über Einkommen verfügte, an diese keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

Zuzugestehen ist der Klägerin, dass durch die Vereinbarung sowohl auf die Zahlung von Trennungsunterhalt als auch von nachehelichem Unterhalt verzichtet worden ist. Die Unwirksamkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt führt jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auch zu einer Unwirksamkeit des Verzichts auf nachehelichen Unterhalt.

Zwar hat nach § 139 BGB die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts im Zweifel die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts zur Folge. Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Einschränkung dadurch, dass über die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund des mutmaßlichen Parteiwillens und damit unter Abwägung der Interessen der Parteien zu entscheiden ist (Palandt, BGB, 65. Aufl., § 139, Rz. 1).

Dies hat zur Folge, dass regelmäßig dann, wenn sich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts auf einen abtrennbaren Teil bezieht und nicht auf das Rechtsgeschäft im Übrigen, der restliche Teil des Rechtsgeschäfts wirksam bleibt, wenn die Parteien das Rechtsgeschäft auch ohne den unwirksamen Teil abgeschlossen hätten.

So liegt der Fall hier.

Wegen der Unterschiede bei den personalen Fürsorgepflichten während einer bestehenden Ehe und nach der Scheidung ist der Trennungsunterhalt mit dem Geschiedenenunterhalt nicht wesensgleich (BGH FamRZ 1981, 242; Staudinger, BGB, § 1361, Rz. 250 jeweils m.w.N.). Es handelt sich daher um rechtlich selbständige Ansprüche, die strikt voneinander zu trennen sind. Von daher erfasst ein - unwirksamer - Verzicht auf Trennungsunterhalt grundsätzlich nicht den wirksamen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, auch wenn der Verzicht in einem Rechtsgeschäft erklärt worden ist.

Dies gilt umso mehr dann, wenn den Parteien die Unwirksamkeit des Verzichts auf Trennungsunterhalt nicht bekannt war und sie eindeutig und unzweifelhaft sämtliche Unterhaltsansprüche für die Zukunft ausschließen wollten, wovon vorliegend auszugehen ist.

Dass nach dem Willen der Parteien die Vereinbarung auch den nachehelichen Ehegattenunterhalt umfassen sollte, ergibt sich für den Senat - ebenso wie für das FamG - zweifelsfrei aus dem Wortlaut der Vereinbarung und dem mit ihr verfolgten Zweck.

Das FamG weist zudem in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass bei Abfassung der Vereinbarung der Scheidungsantrag bereits bei Gericht eingegangen war und daher von einer alsbaldigen Scheidung auszugehen war.

Gleichwohl haben die Parteien detailliert für die Zukunft die vom Beklagten zu leistenden Zahlungen festgelegt.

Der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt ist weder sittenwidrig noch im Wege der Ausübungskontrolle abzuändern.

Aus dem Vorbringen d...

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