Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässiger isolierter Auskunftsantrag in familienrechtlicher Folgesache (nachehelicher Unterhalt)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein allein auf Auskunftserteilung gem. § 1580 BGB gerichteter Antrag kann nicht Scheidungsfolgesache sein. Er muss spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung I. Instanz um den auf Zahlung gehenden (Stufen-)Antrag ergänzt werden.

2. Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich können durch Ehevertrag wirksam ausgeschlossen werden, wenn der Vertrag nicht auf ungleichen Verhandlungspositionen beruht und keine einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegelt.

 

Normenkette

BGB §§ 1363, 1408, 1580

 

Verfahrensgang

AG Koblenz (Urteil vom 10.04.2003; Aktenzeichen 19 F 536/02)

 

Tenor

Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien haben vor der Eheschließung am 10.6.1999 einen notariellen Ehevertrag geschlossen, in dem sie für den Fall der Scheidung den Zugewinn- und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und beide auf alle Unterhaltsansprüche nach einer Scheidung – unabhängig von vorhandenen Kindern – verzichtet haben. Aus der Ehe ist das Kind J., geboren am 24.8.2000, hervorgegangen. Mit Urteil des AG – FamG – Koblenz vom 10.4.2003 wurde die Ehe der Parteien geschieden, die Anträge der Antragsgegnerin in den Folgesachen Güterrecht und nachehelicher Unterhalt zurückgewiesen und der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, der notarielle Ehevertrag sei hinsichtlich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs und des Zugewinns wirksam und der in der Folgesache „nachehelicher Unterhalt” gestellte Antrag allein auf Auskunftserteilung über die Einkünfte des Antragstellers sei unzulässig. Mit ihrer Berufung wendet sich die Antragsgegnerin gegen dieses Urteil, soweit ihre Anträge zurückgewiesen wurden und begehrt nunmehr in der Folgesache „nachehelicher Unterhält” auch die Verurteilung des Antragstellers, nach Auskunftserteilung den dann zu beziffernden Ehegattenunterhalt an sie zu zahlen.

 

Entscheidungsgründe

Der Prozesskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin ist zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Zutreffend hat das AG den isolierten Auskunftsantrag der Antragsgegnerin in der Folgesache „nachehelicher Unterhalt” als unzulässig erachtet, da weitere Stufen nicht beantragt wurden. Denn im Scheidungsverbund können nur Scheidungsfolgen geregelt werden, nicht aber Entscheidungen über Auskünfte, die Folgesacheentscheidungen erst vorbereiten sollen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 623, Rz. 21 mit Rspr.-Nachweisen). Die Antragsgegnerin hat zwar nunmehr im Berufungsverfahren ihren Antrag erweitert und begehrt jetzt im Wege der Stufenklage auch Zahlung des nachehelichen Unterhalts. Indessen ist diese Erweiterung in der Berufungsinstanz nicht mehr möglich, da gem. § 623 Abs. 4 ZPO der Zahlungsantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz anhängig gemacht oder eingeleitet gewesen sein muss. Allein die Anhängigkeit des isolierten Auskunftsantrags macht jedoch den noch nicht geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht anhängig und leitet diesen auch nicht ein.

Zu Recht hat das AG zudem den in dem notariellen Ehevertrag enthaltenen Ausschluss des Versorgungsausgleichs und des Zugewinns für wirksam erachtet. Grundsätzlich steht es den Eheleuten frei, für den Fall der Scheidung vermögensrechtliche Vereinbarungen zu schließen. Für solche Vereinbarungen besteht grundsätzlich volle Vertragsfreiheit; Schranken ergeben sich insoweit nur, als durch eine Inhaltskontrolle zu prüfen ist, ob die Regelungen die Grundrechte nicht verletzen (vgl. BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, MDR 2001, 392 = FamRZ 2001, 343 ff.). Danach sind die Gerichte verpflichtet, den Inhalt eines Ehevertrages einer Kontrolle zu unterziehen und ggf. zu korrigieren, wenn der Vertrag nicht Ausdruck und Ergebnis einer gleichberechtigten Lebenspartnerschaft ist, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegelt. Denn die Eheschließungsfreiheit rechtfertigt nicht die Freiheit zu unbegrenzten Ehevertragsgestaltungen und insb. nicht eine einseitige Lastenverteilung. Für die Beurteilung, ob die vertraglichen Vereinbarungen einen Ehepartner deutlich mehr belasten als den anderen, ist auch die familiäre Konstellation maßgeblich, die die Vertragspartner anstreben und ihrem Vertrag zugrunde legen (vgl. BVerfG v. 29.3.2001 – 1 BvR 1766/92, FamRZ 2001, 985).

Im Vorliegenden Fall führt die vorzunehmende Inhaltskontrolle nicht zur Annahme einer unangemessenen Benachteiligung der Antragsgegnerin. Diese war zwar bei Abschluss des Ehevertrages fast mittellos und nicht berufstätig, da sie als Russin mit Heiratsvisum noch keine Arbeitserlaubnis hatte und war daher nicht durch eigene Rentenanwartschaften oder eigenes Vermögen in gleicher Weise abgesichert wie der Antragsteller...

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