Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerhinterziehung. Umsatzsteuerhinterziehung. Vorsteuer. Vorsteuerabzug. Vorsteuerabzugsberechtigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wegen des Kompensationsverbots des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO hat es keine tatbestandlichen Auswirkungen, wenn der Täter einer Umsatzsteuerhinterziehung tatsächlich entandene Vorsteuern nicht geltend gemacht hat.

2. Ein nicht geltend gemachter Vorsteuerabzug kann jedoch zu einer Minderung der nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB bei der Strafzumessung zu beachtenden verschuldeten Auswirkungen der Tat führen.

3. Die Frage einer Vorsteuerabzugsberechtigung ist daher jedenfalls in solchen Fällen zu erörtern, in denen es nach Art der konkreten Erwerbs- und Verkaufsgeschäfte des Unternehmers nahe liegt, dass eine solche Berechtigung besteht. In diesen Fällen hat der Tatrichter aufzuklären und in den Strafzumessungserwägungen darzustellen, ob und in welcher Höhe eine - nicht geltend gemachte - Abzugsberechtigung bestanden hat.

 

Normenkette

AO § 370; UStG § 15 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 23.12.2014)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. Dezember 2014 im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu gehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als offensichtlich unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

1.

Am 27. Februar 2012 verurteilte das Amtsgericht - Wirtschaftsschöffengericht - Mainz den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Auf die Berufung des Angeklagten hob die 8. kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz diese Entscheidung durch Urteil vom 18. Dezember 2012 auf und verurteilte diesen wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die Revision des Angeklagten hob der Senat das Berufungsurteil wegen Darlegungsmängeln auf und wies die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurück (Beschl. 2 Ss 48/13 v. 05.06.2013).

2.

Mit der im Tenor genannten Entscheidung hat die infolge der Zurückverweisung zuständige 13. kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz unter Verwerfung der Berufung im Übrigen das Urteil des Amtsgerichts Mainz im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und den Angeklagten wiederum zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 16. März 2015 zugestellt.

Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) seit Oktober 2007 ein Gewerbe zum An- und Verkauf von Edelmetallen, Edelsteinen, Antiquitäten und Schmuck. Er kaufte Altschmuck über Auktions- und Pfandhäuser an und verkaufte diese Waren gewinnbringend an Scheideanstalten weiter, wobei ihm die jeweiligen Anstalten Rechnungen im Form von Gutschriften ausstellten, die er sich regelmäßig auszahlen ließ. Um die auf diese Geschäfte entfallende Umsatzsteuer zu verkürzen, gab er - gemeinsam mit der für seine steuerlichen Angelegenheiten zuständigen Mitarbeiterin der Firma a. Steuerberatungsgesellschaft mbH, der gesondert Verfolgten C. -, für die zwölf Monate von August 2008 bis Juli 2009 beim zuständigen Finanzamt M. Umsatzsteuervoranmeldungen ab, die deutlich niedrigere Umsätze als die von ihm tatsächlich erzielten aufwiesen, und verkürzte dadurch die Umsatzsteuer für diese Zeit um insgesamt 537.718,24 Euro. Feststellungen zu einem geltend gemachten Vorsteuerabzug bzw. zu einer Vorsteuerabzugsberechtigung (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG) des Angeklagten im Tatzeitraum hat die Strafkammer nicht getroffen.

3.

Gegen das Urteil hat der Angeklagte am 30. Dezember 2014 Revision eingelegt und dieses Rechtsmittel am 14. April 2015 näher begründet; er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Der Senat kann entscheiden, da dem Angeklagten hinreichend rechtliches Gehör zum Verwerfungsantrag der Generalstaatsanwaltschaft gewährt worden ist. Soweit er die per Telefax an seinen Verteidiger erfolgte Übersendung des Antrags mangels förmlicher Zustellung für unwirksam hält, ist dem nicht zu folgen. Gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO ist der Verwerfungsantrag nach § 349 Abs. 2 StPO dem Beschwerdeführer lediglich mitzuteilen, eine förmliche Zustellung gemäß §§ 35 Abs. 2, 37 Abs. 2 StPO nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ist nicht vorgesehen. Wie bereits aus der amtlichen Überschrift des 4. Abschnitts der StPO zu §§ 33 b...

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