Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 94 SGB XII hat keine erweiterte Kausalitätsprüfung analog § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB XII i.V.m. § 85 SGB XII zu erfolgen.

 

Normenkette

BGB § 1601; SGB 12 § 85; SGB 12 § 93 Abs. 1 S. 3; SGB 12 § 94

 

Verfahrensgang

AG Trier (Beschluss vom 02.02.2017; Aktenzeichen 10 F 289/16)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier vom 02.02.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über sein Einkommen für die Jahre 2015 und 2016 zu erteilen und die Auskunft je nach der ausgeübten Tätigkeit und der entsprechenden Einkunftsart zu belegen durch ... .

2. Im Übrigen wird das Verfahren zur Behandlung und Entscheidung über die weiteren Stufen des Stufenantrags an das Amtsgericht zurückverwiesen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens, einschließlich der in der Beschwerdeinstanz angefallenen Kosten, bleibt der abschließenden Entscheidung des Amtsgerichts vorbehalten.

III. Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Wege des Stufenantrags auf Auskunft und Zahlung von Elternunterhalt aus übergegangenem Recht in Anspruch.

Die Antragstellerin gewährt der am ...1961 geborenen Mutter des Antragsgegners, Frau J.S., seit dem 01.03.2013 Sozialhilfeleistungen nach dem dritten und dem fünften bis neunten Kapitel des SGB XII in unterschiedlicher Höhe von bis zu 350,00 EUR monatlich. Die noch in einem eigenen Haushalt lebende Hilfeempfängerin erhält ambulante Eingliederungshilfen und Hilfe zur Pflege, deren Kosten sie nicht vollständig aus eigenen Einkünften - Rente wegen voller Erwerbsminderung - zahlen kann.

Mit Schreiben vom 11.07.2013 hat die Antragstellerin den Antragsgegner rechtswahrend über den Anspruchsübergang informiert und den von ihm zu zahlenden (übergegangenen) Elternunterhalt nach Auskunftserteilung auf monatlich 48,00 EUR ab Juli 2013 und 65,00 EUR ab Dezember 2013 festgesetzt. Der Antragsgegner hat keine Zahlungen auf den geforderten Unterhalt geleistet; über die Rückstände für die Zeit von Juli 2013 bis April 2014 hat die Antragstellerin einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Im Übrigen verweigert der Antragsgegner die von der Antragstellerin im Jahr 2016 angeforderte neue Auskunft über seine (aktuellen) Einkünfte.

Im vorliegenden Verfahren macht die Antragstellerin ihre Ansprüche im Wege des Stufenantrags geltend. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Mutter des Antragsgegners wegen der bezogenen Hilfen überhaupt ein Unterhaltsanspruch gegen ihren Sohn zusteht. Der Antragsgegner vertritt die Auffassung, dass seine Mutter ihren Bedarf vollständig aus eigenen Mitteln decken könne und ein Rückgriff auf ihn aus Rechtsgründen ausscheide.

Das Amtsgericht hat den Stufenantrag der Antragstellerin durch Beschluss vom 02.02.2017 insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Antragstellerin schon keinen die eigenen Renteneinkünfte übersteigenden Bedarf der Hilfeempfängerin dargelegt habe. Im Übrigen sei der Kausalitätsgedanke des § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB XII analog auch auf den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 94 SGB XII anwendbar, sodass ein sozialhilferechtlicher Anspruch der Hilfeempfängerin nicht automatisch bedeute, dass diese Leistungen vom Antragsgegner zu tragen seien. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die bei den Akten befindliche Entscheidung verwiesen (Bl. 91 ff GA).

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Stufenantrag weiter. Die Beteiligten vertreten - wie schon in erster Instanz - unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber, ob die Antragstellerin einen Bedarf der Hilfeempfängerin und einen in entsprechender Höhe übergegangenen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner dargelegt habe und ob ein Forderungsübergang aus Rechtsgründen ausgeschlossen sei.

II. Die gem. §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Stattgabe des Auskunfts- und Belegvorlagebegehrens (1. Stufe). Über die weiteren Stufen wird das Amtsgericht, sofern sie aufgerufen werden sollten, zu entscheiden haben. Insoweit wird das Verfahren nach Erörterung mit den Beteiligten und im Einvernehmen mit der Antragstellerin an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Nach § 94 Abs. 1 SGB XII geht der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch einer leistungsberechtigten Person für die Zeit, in der sie Sozialleistungen erhalten hat, bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Eine vollständige Abweisung des Stufenantrags kann deshalb nur in Betracht kommen, wenn ein Zahlungsanspruch unbeschadet der nicht erteilten Auskunft von vornherein ausscheidet. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung des Senats nicht vor.

Die Antragst...

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