Leitsatz (amtlich)

1. Über einen mit der verspäteten sofortigen Beschwerde verbundenen Wiedereinsetzungsantrag im Kostenfestsetzungsverfahren darf der Rechtspfleger nur entscheiden, wenn er sowohl den Wiedereinsetzungsantrag als auch die sofortige Beschwerde für begründet hält und daher abhelfen will.

2. Im Beschwerdeverfahren nach § 19 BRAGO ist eine Kostenentscheidung zu treffen. Die erfolglose Beschwerde ist gerichtsgebührenpflichtig (Aufgabe der bisherigen Rspr. des OLG Koblenz, Beschl. v. 7.6.1979 – 14 W 267/79, JurBüro 1980, 70 – 72).

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 97, 104, 233, 237, 577; RPflG § 11; RpflG § 21; BRAGO § 19 Abs. 2 S. 4 und 5

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 10 HKO 160/98)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des LG Mainz vom 6.5.2002 aufgehoben, soweit darin der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig abgelehnt worden ist.

2. Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mainz vom 14.9.2001 zu gewähren, wird als unbegründet abgelehnt.

3. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.9.2001 wird verworfen.

4. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Wert: 684,72 EUR).

 

Gründe

Der antragstellende Rechtsanwalt war Prozessbevollmächtigter des Antragsgegners im Verfahren erster Instanz. Die hierdurch angefallene Vergütung hat das LG durch Beschluss vom 14.9.2001 antragsgemäß festgesetzt (§ 19 BRAGO). Diese Entscheidung ist ausweislich der Postzustellungsurkunde dem Antragsgegner am 4.10.2001 persönlich durch Übergabe zugestellt worden (Blatt 219 GA).

Mit Schreiben vom 25.2.2002 hat der Antragsgegner „Erinnerung” eingelegt und zugleich um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Erinnerungsfrist gebeten.

Durch Beschluss vom 6.5.2002 hat die Rechtspflegerin den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig abgelehnt, der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Das Rechtsmittel bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

Der Beschluss der Rechtspflegerin vom 6.5.2002 musste allerdings aufgehoben werden, soweit darin der Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig abgelehnt worden ist. Die Rechtspflegerin hat diese Entscheidung damit begründet, bei der Frist des § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO handele es sich nicht um eine Notfrist i.S.v. § 233 ZPO, so dass eine Wiedereinsetzung ausscheide. Das ist nicht richtig. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO bestimmt, dass gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag die sofortige Beschwerde stattfindet. Damit gilt § 577 Abs. 2 S. 1 ZPO (alter Fassung), wonach die Beschwerde binnen einer Notfrist von zwei Wochen einzulegen ist. Damit ist § 233 ZPO anwendbar.

Auch aus einem weiteren Grund begegnet die Entscheidung der Rechtspflegerin über den Wiedereinsetzungsantrag durchgreifenden Bedenken:

§ 237 ZPO bestimmt, dass über den Antrag auf Wiedereinsetzung das Gericht entscheidet, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung (hier: die sofortige Beschwerde) zusteht. Zuständiges Gericht i.S.d. Bestimmung ist die Rechtspflegerin nur, wenn sie die Erinnerung für zulässig und begründet erachtet. Bei der Kostenfestsetzung nach §§ 103ff ZPO handelt es sich um ein Rechtspflegergeschäft (§ 21 Nr. 1 RPflG). Gegen die Entscheidung der Rechtspflegerin ist hier die sofortige Beschwerde gegeben (§ 11 Abs. 1 S. 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO). Im Beschwerdeverfahren entscheidet der Rechtspfleger nur dann sachlich über die Erinnerung, wenn er sie für zulässig und begründet erachtet (§ 572 Abs. 1 S. 1 ZPO neuer Fassung). Daraus folgt, dass die Sachentscheidung ausschließlich dem übergeordneten Gericht obliegt, wenn der Rechtspfleger den Wiedereinsetzungsantrag für unzulässig oder unbegründet hält und damit die Erinnerung als unzulässig ansieht, wodurch ihm eine Sachentscheidung verwehrt ist. Zur Sachentscheidung über die nachgeholte Prozesshandlung (§ 237 ZPO) ist in derartigen Fällen das übergeordnete Rechtsmittelgericht berufen, dem daher auch die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag obliegt (vgl. OLG Koblenz Rpfleger 1976, 11; OLG Karlsruhe Justiz 1989, 84; OLG Karlsruhe JurBüro 1989, 104; OLG Düsseldorf Rpfleger 1983, 29 m.w.N.).

Der die Wiedereinsetzung ablehnende Beschluss der Rechtspflegerin musste daher aufgehoben werden.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig. Die Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO ist nach dem Antragsvorbringen gewahrt.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch unbegründet. Der Antragsteller hat keinerlei Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, die geeignet sind, die Beweiskraft der Postzustellungsurkunde (§§ 418, 195 Abs. 2 S. 3 ZPO) zu entkräften. Demzufolge steht fest, dass der Antragsteller die angefochtene Entscheidung am 4.10.2001 erhalten hat. Er war daher nicht ohne sein Verschulden gehindert, die zweiwö...

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