Leitsatz (amtlich)

Verlängert der Vorsitzende die Rechtsmittelbegründungsfrist "antragsgemäß" bis zu einem in der Verlängerungsverfügung konkret bezeichneten Datum und weicht dieses von dem in dem Verlängerungsantrag genannten ab, gilt die Frist (nur) bis zu dem in der Verlängerungsverfügung konkret genannten Datum als verlängert. In diesem Fall liegt auch bei einer hinter der beantragten zurückbleibenden Fristverlängerung keine bloße Teilentscheidung über die beantragte Fristverlängerung vor.

In solch einer Konstellation ist regelmäßig auch keine Wiedereinsetzung in die abgelaufene Rechtsmittelbegründungsfrist zu gewähren, weil das vom Verlängerungsantrag abweichende Fristende erkennbar war, jedenfalls aber angesichts der ihrem Wortlaut nach teilweise widersprüchlichen Fristverlängerungsverfügung eine Erkundigungspflicht bestand.

 

Normenkette

ZPO § 85 Abs. 2, §§ 233, 520 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 9 O 187/21)

 

Tenor

1. Der Antrag des Klägers auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 06.10.2021, Az. 9 O 187/21, bis zum 07.01.2022 wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 06.10.2021, Az. 9 O 187/21, wird zurückgewiesen.

3. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 06.10.2021, Az. 9 O 187/21, wird als unzulässig verworfen.

4. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das seinem Verfahrensbevollmächtigten am 07.10.2021 zugestellte klageabweisende Urteil des Landgerichts Mainz vom 06.10.2021 zu Az. 9 O 187/21.

Die Berufung hat der Kläger am 08.11.2021, einem Montag, eingelegt und mit am 07.01.2022 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet. Der Berufungsbegründung vorausgegangen war ein Fristverlängerungsantrag des Klägervertreters vom 06.12.2021. In diesem heißt es:

"In Sachen [...] endet die Frist zur Berufungsbegründung am 06.12.2021. Aufgrund einer sehr hohen Arbeitsbelastung des Unterzeichners, bedingt durch eine Vielzahl von ablaufenden Fristen und stattfindenden Gerichtsterminen, war eine eingehende Bearbeitung bisher noch nicht möglich. Deshalb bitten wir um Fristverlängerung bis einschließlich 07.01.2022."

Hierauf hat der Senatsvorsitzende mit Verfügung vom 06.12.2021 Fristverlängerung wie folgt gewährt [Fettdruck wie nachfolgend in der Verfügung enthalten]:

"Auf Antrag der Rechtsanwälte [...] vom 06.12.2021 wird die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß verlängert bis 06.01.2022."

Auf den Hinweis des Senats, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht gewahrt und daher eine Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig beabsichtigt sei, hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die Frist zur Berufungserwiderung am 07.01.2022 noch nicht abgelaufen gewesen sei, sodass seinem Fristverlängerungsgesuch zu entsprechen sei. Hilfsweise hat er Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Da im vorliegenden Fall ein Fristverlängerungsantrag auf den 07.01.2022 gestellt worden sei, sei die Verfügung mit der antragsgemäßen Fristverlängerung bis 06.01.2022 deutlich unklar formuliert. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass wie in dem Fristverlängerungsantrag formuliert, einer Fristverlängerung bis zum 07.01.2022 stattgegeben worden sei. Diese sei insbesondere aufgrund der vorangegangenen Ferienzeit und des Umstands, dass der 06.01.2022 in Bayern ein Feiertag gewesen sei, auch ohne weiteres zu genehmigen gewesen. Über den Fristverlängerungsantrag sei damit zu entscheiden; der Fristverlängerung sei wie beantragt stattzugeben.

Die Beklagte hat sich zur Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 06.10.2021, Az. 9 O 187/21, hat keinen Erfolg. Sie ist nicht fristgemäß begründet worden und daher als unzulässig zu verwerfen, §§ 522 Abs. 1 Satz 1 bis 3, 520 Abs. 2 ZPO. Dem Kläger war auch weder jetzt eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.01.2022 zu bewilligen, noch war ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Berufung zu gewähren.

1. Die Frist zur Begründung der Berufung war am 06.01.2022, 24 Uhr, abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger seine Berufung unstreitig nicht begründet.

Auf den form- und fristgerecht gestellten Verlängerungsantrag vom 06.12.2021 wurde die am Folgetag endende Berufungsbegründungsfrist lediglich bis zum 06.01.2022 verlängert. Zwar hatte der Kläger eine Verlängerung bis zum 07.01.2022 beantragt und der Senatsvorsitzende hatte mit insoweit teilweise widersprüchlicher Verfügung die Berufungsbegründungsfrist "antragsgemäß verlängert bis 06.01.2022" [Fettdruck wie vorstehend wiedergegeben in der Verfügung enthalten]. Maßgeblich für den Umfang einer gerichtlichen Fristverlängerung ist jedoch deren objektiver Inhalt (vgl. BGH, Besc...

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