Leitsatz (amtlich)

Volle Beweislast des Versicherers für Rückforderung auch unter Vorbehalt erbrachter Versicherungsleistung, weil ein Einbruchdiebstahl nicht vorgelegen habe; Anforderungen an eine mögliche Beweisführung hierzu.

 

Normenkette

BGB § 812; AVB Einbruchdiebstahl; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 16 O 329/08)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Den Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 22.2.2010.

 

Gründe

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlung auf das streitige Einbruchsereignis vom 19.12.2007 zu, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, § 421 BGB. Das LG hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagten die Leistung der Klägerin ohne rechtlichen Grund erlangt haben, da die Klägerin den ihr im Rahmen des Rückforderungsprozesses obliegenden Nachweis, dass ein versicherungspflichtiges Ereignis nicht vorgelegen habe, geführt und die Beklagten diesen Nachweis nicht entkräftet haben.

Das LG geht dabei zutreffend davon aus, dass den Versicherer im Rahmen des Rückforderungsprozesses die volle Beweislast dafür trifft, dass der Versicherungsfall in Wahrheit nicht vorgelegen hat. Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass die Klägerin die Abschlagszahlung an die Beklagten unter dem Rückforderungsvorbehalt der Einsichtnahme in die amtlichen Ermittlungsakten (vgl. Bl. 77 d.A.) geleistet hat. Ein derartiger Vorbehalt dient regelmäßig nur dazu, dem Verständnis der Leistung des Versicherers als Anerkenntnis entgegen zu treten und die Wirkung des § 814 BGB auszuschließen (vgl. BGH VersR 2003, 1165). Lediglich in besonderen Ausnahmefällen kann davon ausgegangen werden, dass ein Rückforderungsvorbehalt dem Versicherungsnehmer die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs aufbürden soll (BGH, a.a.O.). Davon kann indes vorliegend nicht ausgegangen werden. In dem von dem BGH entschiedenen Fall hatte der Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Versicherungsnehmer die Übergangsleistung nur behalten dürfe, wenn von ärztlicher Seite festgestellt werde, dass die Absprengung Unfallfolge sei und die normale körperliche und geistige Leistungsfähigkeit unmittelbar nach dem Unfall für mindestens sechs Monate um mehr als 50 % beeinträchtigt gewesen sei. Im Hinblick auf diesen ausführlichen Vorbehalt ist der BGH davon ausgegangen, dass in dem dortigen Fall der Versicherer klar erkennbar für den Fall eines späteren Rückforderungsstreites dem Versicherungsnehmer die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs aufgebürdet hat. Vorliegend fehlt aufgrund der bloß allgemeinen Formulierung der Klägerin "unter Rückforderungsvorbehalt der Einsichtnahme in die amtlichen Ermittlungsakten" eine derartige klare Erkennbarkeit einer Beweislastregelung.

Die Wertung des LG, aufgrund der Feststellung und Ergebnisse der Polizei in O anlässlich ihrer Anzeigenaufnahme vom 19.12.2007 und des Spurensicherungsberichts vom 25.12.2007 (Bl. 193 - 201 d.A.) habe die Klägerin in hinreichend spezifizierter Weise nachgewiesen, dass ein versicherungspflichtiges Ereignis im Sinne eines Einbruchdiebstahls nicht vorgelegen habe, § 286 Abs. 1 ZPO, ist nicht zu beanstanden. Zu dem Minimum an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls ausmachen, gehört neben der Unauffindbarkeit der vor dem Einbruch am Tatort vorhandenen, als gestohlen gemeldeten Sachen, dass - abgesehen von Fällen eines Nachschlüsseldiebstahls - Einbruchsspuren vorhanden sind (vgl. OLG Düsseldorf Versicherung und Recht Kompakt 2008, 176). Im Rahmen der nach § 286 ZPO vorzunehmenden freien Beweiswürdigung hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Daraus folgt, dass das Gericht den Beweis einer negativen Tatsache, vorliegend also das Fehlen eines versicherten Einbruchdiebstahls, auch aufgrund von Indizien als erbracht ansehen kann.

Nach dem Sachvortrag der Klägerin, wie er durch die polizeilichen Feststellungen als erwiesen anzusehen ist, ist zwar die Tür zu einer neben dem Ladenlokal der Beklagten liegenden Gasse durch Gewaltanwendung aufgebrochen worden, jedoch handelt es sich bei dieser Tür nicht um den Zugang zu dem Ladenlokal der Beklagten und damit auch nicht um den Zugang zu den versicherten Räumen. Dieser "Einbruch" in die Gasse ist daher grundsätzlich unerheblich. Nach dem Vortrag der Klägerin und den polizeiliche...

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