Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

Wird die elterliche Sorge, die bisher dem Vater zustand, auf die Mutter übertragen, ist der Vater nicht mehr berechtigt, die Zwangsvollstreckung aus einem früher als gesetzlicher Vertreter für das Kind erwirkten Titel auf Zahlung von Kindesunterhalt gegen die Mutter fortzusetzen; dies gilt auch hinsichtlich der bis zum Wechsel der elterlichen Sorge aufgelaufenen Unterhaltsrückstände.

Setzt der Vater dennoch die Zwangsvollstreckung fort, ist nicht der Vater Gläubiger des Vollstreckungsverfahrens sondern das als Titelgläubiger ausgewiesene Kind. Die Mutter kann sich daher gegen die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung nicht mit einer gegen den Vater gerichteten Vollstreckungsgegenklage wehren. Auch eine Vollstreckungsgegenklage gegen das Kind kommt nicht in Betracht, weil der Wechsel des Vertretungsverhältnisses keine den materiellen Anspruch selbst betreffende Einwendung i.S.d. § 767 ZPO ist (zumal von dem Kind, richtigerweise jetzt vertreten durch die Mutter, eine Vollstreckung gar nicht droht).

Die Mutter kann aber im Wege einer gegen das Kind, vertreten durch den Vater, zu richtenden Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO geltend machen, dass das Kind im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Außerdem steht ihr die (vor dem Zivilgericht zu erhebende) Klage aus § 1698 BGB gegen den Vater auf Herausgabe des Kindesvermögens zur Verfügung, das auch die Ansprüche auf Zahlung von Barunterhalt sowie den über diese Ansprüche erstrittenen Titel umfasst.

 

Normenkette

BGB § 1698; ZPO §§ 766-767

 

Verfahrensgang

AG Bad Kreuznach (Beschluss vom 01.06.2004; Aktenzeichen 9 F 431/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Bad Kreuznach vom 1.6.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der (minderjährige) Beklagte zu 1) ist ein Sohn aus der geschiedenen Ehe der Klägerin und des Beklagten zu 2). Durch Urteil des AG - FamG - B. vom 11.8.2000 (9 F 205/00) wurde die Klägerin zur Zahlung von Barunterhalt an den Beklagten zu 1), damals vertreten durch den seinerzeit alleinsorgeberechtigten Beklagten zu 2), verurteilt. Durch Beschluss des AG - FamG - H. vom 18.2.2004 wurde die elterliche Sorge auf die Klägerin übertragen. In der Folgezeit wechselte der Beklagte zu 1) in den Haushalt der Klägerin. Dennoch betreibt der Beklagte zu 2) die Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltstitel weiter. Aus diesem Grund begehrt die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage. Dieses Begehren hat das FamG mit der Begründung zurückgewiesen, für beide Beklagte sei das AG B. örtlich unzuständig. Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat es mit der Begründung nicht abgeholfen, Partei des Verfahrens 9 F 205/00 sei der Beklagte zu 1) und nicht der Beklagte zu 2); der Beklagte zu 1) werde jedoch seit 18.2.2004 von der Klägerin vertreten.

II. Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das FamG hat im Ergebnis zu Recht die beantragte Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verweigert (§ 114 ZPO).

Allerdings ist der Beklagte zu 2) seit der Übertragung der elterlichen Sorge auf die Klägerin nicht mehr berechtigt, aus dem Urteil vom 11.8.2000 weiter zu vollstrecken. Das gilt, wie die Klägerin zu Recht ausführt, nicht nur hinsichtlich des seither laufenden Unterhalts, sondern auch für die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Rückstände (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1629 Rz. 8, m.w.N.). Hinsichtlich der Rückstände mag dem Beklagten zu 2) zwar ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen die Klägerin zustehen (Staudinger/Peschel/Gutzeit, BGB, 13. Bearb., 2002, § 1629 Rz. 387); diesen kann er jedoch nicht aus dem zugunsten des Beklagten zu 1) erstrittenen Titel vollstrecken, weil eine Auswechselung des titulierten Anspruchs nicht möglich ist (Staudinger/Peschel/Gutzeit, BGB, 13. Bearb., 2002, § 1629 Rz. 387; Johannnsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1629 Rz. 13). Das kann aber im vorliegenden Fall nicht mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.

Gegner der Vollstreckungsgegenklage ist derjenige, dem die Klausel erteilt worden ist, oder wer die Zwangsvollstreckung im eigenen Namen betreibt (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 767 Rz. 9). Das ist hier der Beklagte zu 1), auf dessen Namen - vertreten durch den Beklagten zu 2) - der Titel lautet. Auch wenn der Beklagte zu 2) aus diesem Titel die Zwangsvollstreckung betreibt, handelt es sich formal um eine Vollstreckung des im Urteil und der hierzu erteilten Vollstreckungsklausel als Gläubiger ausgewiesenen Beklagten zu 1). Dieser wird jedoch aufgrund der Sorgerechtsentscheidung vom 18.2.2004 nicht mehr vom Beklagten zu 2) vertreten, sodass er auch in dem von der Klägerin beabsichtigten Rechtsstreit nicht durch den Beklagten zu 2) vertreten werden kann.

Das FamG war nicht gehalten, der Klägerin insoweit Gelegenheit zur Richtigstel...

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