Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbswidrigkeit eines zum Bezug von Arzneimitteln an eine bestimmte Versandapotheke verweisenden Programmmoduls in einer Standardsoftware für Arztpraxen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Installierung eines Programmmoduls in einer Standardsoftware in Arztpraxen, das im Falle einer Medikamentenverordnung automatisch Gutscheine für eine Versandapotheke ausdruckt und die Weiterleitung der Rezepte dorthin ermöglicht, ist wettbewerbswidrig, da die Ärzte entgegen dem Verbot des § 34 Abs. 5 MBO dazu bestimmt werden sollen, an eine bestimmte Apotheke zu verweisen.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 16.01.2007; Aktenzeichen 1 HK.O 165/06)

 

Gründe

Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO sind gegeben.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes.

Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Auf die fehlende Erfolgsaussicht hat der Senat mit Verfügung vom 04. Mai 2007 hingewiesen und der Berufungsklägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die von Ihr nach gewährter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 18.06.2007 abgegebene Stellungnahme gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf den Hinweis Bezug.

Soweit die Berufungsklägerin eine Entscheidung "als Richtschnur für ihr zukünftiges weiteres Verhalten" begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsverfahren allein der Fehlerkontrolle und -beseitigung, nicht aber der Beratung der Klägerin im Hinblick auf ihre weitere Tätigkeit dient.

Soweit die Beklagte einwendet, dass der Tenor des erstinstanzlichen Urteils zu weit gefasst sei, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Nicht nur die zugrunde liegenden Informationen zur Nutzung des Moduls, sondern auch das Modul selbst stellt in seiner Funktionalität den dargelegten Verstoß dar, so dass die Entscheidung des Landgerichtes, die Integration des Moduls in Zusammenhang mit einem Bestellformular und/oder einem Begleitschreiben und/oder sonstigen Schriftstücken in denen eine Versandapotheke genannt ist und die zur Weitergabe an den Patienten bestimmt sind, zu untersagen, nicht zu beanstanden ist.

Zunächst wird nicht hinreichend anerkannt, dass es dem Arzt nach § 34 Abs. 5 MBO auch verwehrt ist, generell den Patienten an Versandapotheken zu verweisen. Es kann insoweit auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen werden. Diesen generellen Verweis fördert aber bereits das Modul als solches. Hierin liegt auch sein tieferer Sinn. Eine andere Funktionalität wurde jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt.

Die Beklagte übersieht dann, dass bei dem Ausdrucken des Bestellscheins bzw. des Begleitschreibens das Modul zwingend die Angabe einer konkreten Versandapotheke erfordert. Damit geht das Programm selbst und nicht nur die begleitenden Informationsbestandteile über das hinaus, was bei der Erstellung eines Rezeptes erfolgt. Allein dies stellt eine Anstiftung zu einem Verstoß gegen § 34 Abs. 5 MBO dar. Die Behauptung, das Modul berücksichtige "auf allen Ebenen die Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit des Arztes" (S. 2 der Berufungsbegründung) ist vor diesem Hintergrund unzutreffend. Inwieweit die Beklagte bereit ist, diese Funktionalität aufzulösen, kann dahin stehen. Im Verfahren hat sich insoweit keine andere Sachlage ergeben, da sie die Auflösung nicht konkret darlegt. Es ist nicht Aufgabe eines Gerichtsverfahrens, mit der Beklagten eine möglicherweise zulässige Form des Moduls zu entwickeln. Ungeachtet dessen wäre das Modul von dem Tenor des erstinstanzlichen Urteils auch nicht mehr erfasst, wenn in den Schriftstücken eine Versandapotheke nicht mehr genannt wird.

Insoweit laufen auch die Ausführungen der Beklagten zur Möglichkeit der Einzelfallentscheidung durch den Arzt ins Leere. Zwar mag die Beklagte durch Änderungen im Zugang zu dem Modul eine freie Entscheidung ohne Beeinflussung entgegen dem Sinn und Zweck von § 34 Abs. 5 MBO ermöglichen. Der Arzt ist aber rein tatsächlich in seiner Entscheidung, orientiert am Interesse des Patienten, gerade nicht frei. So mögen Gründe darstellbar sein, die die Inanspruchnahme einer Versandapotheke als solches begründen. Es ist aber kaum vorstellbar, dass es medizinisch zwingend erscheint, eine ganz bestimmte Versandapotheke zu kontaktieren. Genau dies sieht aber das Programm vor. Auch ist der Arzt nach dem unstreitigen Vortrag nicht gezwungen und auch nicht in der Lage die begleitenden Schriftstücke entsprechend der individuellen Begründung für den Vorteil der Nutzung einer Versandapotheke für den Patienten zu verändern.

Dabei bleibt es unerheblich, dass der Arzt nicht gezwungen ist, ein Begleitschreiben auszudrucken. Selbst wenn sich nicht erschließt, welche Funktion das Modul dann noch erfüllt, ist entscheidend, dass nach dem eigenen Vortrag der Beklagten, der Arzt gezwungen ist...

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