Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der 3. Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 4. November 1999 aufgehoben.

  • 2.

    Die Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urteil der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 1. September 1998 abgeschlossenen Verfahrens wird für zulässig erklärt.

  • 3.

    Die Unterbrechung der Vollstreckung der durch das vorgenannte Urteil verhängten Freiheitsstrafe wird abgelehnt.

  • 4.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Staatskasse und der Beschwerdeführer zu je 1/2. Die Staatskasse hat auch die Hälfte der dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

 

Gründe

I.

Das Landgericht Koblenz hatte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 1. September 1998, rechtskräftig seit dem 15. April 1999, wegen (gemeinschaftlicher) unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und dazu folgende Feststellungen getroffen:

"Die Angeklagten sind seit längerem befreundet. Vom 31. August 1997 an hielten sich die Angeklagten P. und K. drei Wochen lang in Kenia auf. Insbesondere der Angeklagten P. erwarb dort häufiger Marihuana, das er sofort konsumierte.

Nach der Rückkehr in die Bundesrepublik kamen beide überein, dass der Angeklagte K. bei einem neuen Aufenthalt in Kenia dort Marihuana erwerben und in einer Holzfigur verpackt an den Angeklagten P. schicken sollte. Es sollte zum Eigenkonsum der Angeklagten bestimmt sein.

Eine Woche nach ihrer Rückkehr aus Afrika flog der Angeklagte K. erneut nach Mombasa. Hier kaufte er 213,8 g Marihuana für 30 DM bis 40 DM und ließ es in den Hohlraum einer geschnitzten hölzernen Madonnenfigur verpacken. Er ging davon aus, dass es sich bei dem Rauschgift um solches mittlerer Qualität handelte. Am 8. Oktober 1997 gab er entweder selbst die in Packpapier verpackte Figur bei der Post in Mombasa auf oder ließ sie von einem Einheimischen dort abgeben. Entsprechend der Abrede der Angeklagten war das PaKet an den Angeklagten P. adressiert. Als Absender war vermerkt: "T. O., ..., Mombasa".

Der Angeklagte F. ging davon aus, dass ihm mindestens 200 g Marihuana übersandt würden und dieses von mittlerer Qualität war.

Nachdem das Paket bei einer Routineüberprüfung auf Rauschgift am 13. Oktober 1997 in London aufgefallen war, erreichte es als kontrollierte Postlieferung den Angeklagten P. am 17. Oktober 1997, mittags gegen 12.00 Uhr.

Der Beschwerdeführer hatte eine Tatbeteiligung bestritten.

P. hatte ausgesagt, er habe während seines Keniaaufenthaltes im September 1997 von einem T. C. das Marihuana gekauft und in eine Holzmadonna verpacken lassen. Er habe den Afrikaner dann beauftragt, die Figur an seine Wohnanschrift zu schicken, wenn er wieder in Deutschland sei. K. habe zwar davon gewusst, sei aber in keiner Weise an dieser Sendung beteiligt gewesen.

Das Landgericht hatte seine Überzeugung von einer mittäterschaftlichen Tatbeteiligung des Beschwerdeführers auf ein am 17. Oktober 1997 etwa eine Stunde nach der Übergabe des Drogenpakets zwischen P. und einem Zeugen geführtes und abgehörtes Telefonat gestützt. In diesem Gespräch hatte P. die Frage, ob er schon Post von M. erhalten habe, mit "vorhin gekommen" beantwortet.

Nunmehr betreibt der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 359 Nr. 5 StPO und beantragt die Unterbrechung der Strafvollstreckung (§ 360 Abs. 2 StPO).

Unter Vorlage einer vor einem Rechtsanwalt in Nairobi abgegebenen "eidesstattlichen Versicherung" des kenianischen Staatsangehörigen T. M. G. O. trägt er vor, dieser Zeuge werde die Richtigkeit der früheren Aussage des Verurteilten P. und somit bestätigen, dass er weder an dem Erwerb noch an der Versendung des Marihuanas beteiligt gewesen sei.

Mit Beschluss vom 4. November 1999 hat die 3. Strafkammer des Landgerichts Mainz - unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 8. September 1999, "die Angaben des Zeugen T. O. in dessen eidesstattlicher Versicherung" als unglaubwürdig erachtet und den Wiederaufnahmeantrag mangels Angabe eines geeigneten Beweismittels gemäß § 368 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde (§ 372 Satz 1 StPO).

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil der Beschwerdeführer ein im Sinne des § 368 Abs. 1 StPO geeignetes Beweismittel angeführt hat.

Der Zeuge O. bzw. - nach anderer Schreibweise - O. (und nicht dessen "eidesstattliche Versicherung") ist ein neues Beweismittel, da er in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Koblenz nicht vernommen worden ist. Die in sein Wissen gestellten Tatsachen sind bei Unterstellung ihrer Richtigkeit geeignet, die Freisprechung des Beschwerdeführers zu begründen (§ 359 Nr. 5 StPO).

Zwar ist es dem Wiederaufnahmegericht grundsätzlich nicht verwehrt, bereits im Aditionsverfahren die Beweiskraft eines neuen Beweismittels kritisch zu prüfen, allerdings nur, soweit das ohne förmliche Beweiserhebung möglich i...

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