Leitsatz (amtlich)

Zum Kindesunterhaltsanspruch eines Studenten bei Bezug von BAföG Leistungen.

Zur Ermittlung der Höhe und der Begrenzung des Übergangs von Kindesunterhaltsansprüchen auf den BAföG-Leistungsträger.

Zur Ermittlung des nach dem BAföG anzurechnenden Einkommens eines Elternteils des Studenten bei Vorhandensein weiterer Kinder.

Zur Verpflichtung des Studenten, bei einer Verringerung des Einkommens seiner Eltern gegenüber dem BAföG-Leistungsträger einen Aktualisierungsantrag zu stellen.

Zur Durchführung einer fiktiven steuerlichen Einzelveranlagung bei wiederverheirateten Unterhaltsverpflichteten.

 

Normenkette

AO § 270; BAföG § 11; BAfög § 21; BAföG §§ 22-23, 36-37; BGB §§ 1601-1602, 1610

 

Verfahrensgang

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 08.09.2017 (im angefochtenen Beschluss irrtümlich auf den 31.08.2017 datiert) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller 2.457,60 EUR nebst 6% Zinsen aus jeweils 204,80 EUR ab 01.11.2013, 04.11.2013, 04.12.2013, 04.01.2014, 04.02.2014, 04.03.2014, 04.04.2014, 04.05.2014, 04.06.2014, 04.07.2014, 04.08.2014 und 04.09.2014 zu zahlen.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 26.10.2016 zu zahlen.

Der weitergehende Antrag wird abgewiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.956 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Erstattung seitens des Antragstellers an die Tochter des Antragsgegners im Bewilligungszeitraum Oktober 2013 bis September 2014 gewährter BAföG-Leistungen. Die am ... 11.1989 geborene Tochter R. erhielt BAföG in Form von Vorausleistungen in Höhe von 413 EUR/mtl. Diese macht der Antragsteller hier nach am 04.10.2013 zugestellter Übergangsmitteilung nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten gegenüber dem Antragsgegner geltend.

Der Antragsgegner ist wieder verheiratet und aus dieser Ehe im hier maßgeblichen Zeitraum am 16.02.1998 geborenen Zwillingen zum Unterhalt verpflichtet. An die Mutter von R. zahlte er 744 EUR/mtl. Unterhalt. Die neue Ehefrau des Antragsgegners erzielte in den Jahren 2013 und 2014 jeweils ein Bruttoerwerbseinkommen von 33.592 EUR. Der Antragsgegner selbst war bis 2011 als Facharzt der Urologie in einem Klinikum angestellt. Dort erhielt er ein Jahreseinkommen von über 100.000 EUR (brutto). Ab 2012 machte er sich mit der Begründung fehlender Karrieremöglichkeiten selbstständig. Während seine Praxis im Jahr 2012 noch einen steuerlichen Verlust eingefahren hatte, erwirtschaftete der Antragsgegner im Jahr 2013 einen steuerlichen Jahresgewinn von 6.637 EUR und in 2014 einen solchen über 79.850 EUR. Darin enthalten sind Abschreibungen auf Anlagevermögen in Höhe von 22.079 EUR (2013) bzw. 42.210,00 EUR (2014). Der Antragsgegner hat sich für leistungsunfähig gehalten, zumal er für seine weitere, am ... 06.1982 geborene Tochter K., die Schwester von R., ab Mai 2014 monatlich 350 EUR an das BAföG-Amt des Saarlandes gezahlt habe. Hinzu komme, dass auch die Kindesmutter an Unterhaltszahlungen für R. zu beteiligen sei. Denn bei dieser sei im nachehelichen Unterhaltsrechtsstreit ein fiktives Einkommen in der Größenordnung von 800 EUR zugrunde gelegt worden. Demgegenüber hat der Antragsteller den Antragsgegner als leistungsfähig eingestuft und darauf verwiesen, dass die Kindesmutter über keine Einkünfte verfüge. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei dessen Tochter auch nicht verpflichtet gewesen, angesichts der wegen der Selbstständigkeit ihres Vaters eingetretenen Einkommensveränderungen einen sogenannten Aktualisierungsantrag zu stellen. Denn die Unterhaltsverpflichtung des Kindesvaters sei vorrangig, so dass R. nicht auf zurückzuzahlende BAföG-Leistungen verwiesen werden könne.

Das Familiengericht hat den Antrag abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antragsgegner seiner Tochter zwar dem Grunde nach ausbildungsunterhaltspflichtig sei. Hier liege eine sog. gestufte Ausbildung vor. Überdies habe der Antragsgegner den Unterhaltsanspruch während des Studiums auch ausdrücklich anerkannt und ihn lediglich der Höhe nach offen gelassen. Allerdings sei R. im hier maßgeblichen Zeitraum nicht unterhaltsrechtlich bedürftig. Sie habe ihre Bedürftigkeit durch die Inanspruchnahme von BAföG-Leistungen beseitigen können und müssen. Denn zu den Einkünften eines unterhaltberechtigten Kindes gehörten gemäß KoL Nr. 2.4 und 13.2. auch BAföG-Darlehen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hätte R. daher, anstatt unter dem 25.06.2013 einen Antrag auf Vorausleistungen nach § 36 BAföG einzureichen, wegen des gesunkenen Einkommens des Antragsgegners die Pflicht gehab...

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