Leitsatz (amtlich)

§ 159 BEG umfasst seinem Sinn und Zweck nach auch die Fälle des § 41a BEG. Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt, dass es sich bei der unterlassenen Nennung von § 41a BEG in § 159 BEG um ein redaktionelles Versehen handelt. Die Witwe eine NS-Verfolgten hat deshalb Anspruch auf eine Witwenbeihilfe auch wenn der Verfolgte nicht am verfolgungsbedingten Leiden gestorben ist.

 

Normenkette

BRG §§ 4, 41, 41a, 150, 159

 

Verfahrensgang

LG Trier (Aktenzeichen 5wg O 18/15 E)

 

Tenor

1. Auf den Hilfsantrag der Klägerin wird das Urteil des Landgerichtes Trier vom 03.02.2017 (5 wgO 18/15 E) und der Bescheid des beklagten Landes vom 30.01.2015 aufgehoben und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verpflichtet, der Klägerin eine Witwenbeihilfe nach ihrem verstorbenen Ehemann gemäß §§ 150, 159, 41a BEG ab dem Todestag (24.05.2014) zu gewähren.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Von den übrigen Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 1/3 und das beklagte Land 2/3.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bewilligung einer Hinterbliebenenrente (§ 41 BEG), hilfsweise einer Witwenbeihilfe (§ 41a BEG) nach ihrem am 24.05.2014 verstorbenen Ehemann.

Der am 16.03.1926 geborene Ehemann der Klägerin war ab dem Jahre 1940 im Warschauer Ghetto interniert und wurde hier misshandelt. Aufgrund einer dabei erlittenen verfolgungsbedingten Hirnverletzung mit einer MdE von 90% wurden ihm am 22.05.1967 (Bl. 38 - 40 RA) Entschädigungsansprüche nach dem BEG zuerkannt. Es wurde eine Gesundheitsschadensrente auf der Basis der Mindestrente gewährt.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Ehemann sei an den verfolgungsbedingten Leiden verstorben. Todesursache sei ein Hirntumor, der sich aufgrund der verfolgungsbedingten Hirnver-letzung früher als sonst zu erwarten entwickelt habe. Hierzu hat sie ein ärztliches Attest vorlegt (Bl. 230 RA). Sie habe deshalb Anspruch auf eine Witwenrente, aufgrund der MdE von 90% aber zumindest einer Witwenbeihilfe.

Die ärztlich beratene Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, Todesursache sei eine Herzinsuffizienz im Rahmen einer koronaren Herzkrankheit im Kontext einer Demenz mit Pflegebedürftigkeit sowie einer mutmaßlich kranialen Metastase bei Harnblasenkarzinom. Sie sieht keinen Zusammenhang zwischen der Todesursache und den Verfolgungsleiden. Für eine Witwenbeihilfe fehle es an den persönlichen Voraussetzungen.

Das sachverständig beratene Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es spreche keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Tod des Ehemannes der Klägerin Folge eines verfolgungsbedingten Schadens an Körper oder Gesundheit war. Weder aus psychiatrischer (Bl. 37 ff. GA) noch aus neurologischer Sicht (Bl. 102 ff. GA) sei ein Zusammenhang der verfolgungsbedingten Leiden mit dem Tod des Ehemannes zu sehen. Die hilfsweise begehrte Witwenrente scheitere an der notwendigen Beziehung zum räumlichen Geltungsbereich des BEG.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie verweist erneut darauf, dass nach der israelischen Todesbescheinigung (Bl. 228 VA) der Gehirntumor zum Tode geführt habe ("Brain transitional cell carcinoma"). Auch das vorgelegte ärztliche Attest (Bl. 230 VA) und die eingeholten medizinischen Unterlagen (Bl. 252, 259, 263 VA) belegten dies. Das Landgericht habe die sich aus der gesetzlichen Regelung wie der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergebenden Beweiserleichterungen verkannt. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass eine Mitverursachung ausreiche. Insoweit sehe der psychiatrische Gutachter zwar multikausale Faktoren bei dem verstorbenen Ehemann der Klägerin, ohne aber die Möglichkeit der Mitverursachung auszuschließen (S. 14 des Gutachtens). Auch der Neurologe könne letztlich nicht ausschließen, dass die Hirnver-letzung in Zusammenhang mit dem Hirntumor stehe. Es sei fehlerhaft unterlassen worden zu ermitteln, ob die Herzkreislauferkrankung - bei einem aktenkundigen Herzinfarkt in der Vergangenheit - wie das Nierenversagen - letzteres vor dem Hintergrund verfolgungsbedingter lebenslanger Einnahme von Schmerz- und Schlafmitteln - verfolgungsbedingt sei. Das Nierenversagen könne auch in Zusammenhang mit den anerkannten Schussverletzungen stehen. Unzutreffend gehe das Landgericht davon aus, dass für die Gewährung einer Witwenbeihilfe nach § 41a BEG auch die Voraussetzungen des § 4 BEG vorliegen müsse. Der Zweck des § 41a BEG, der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Auslegung über den Wortlaut hinaus verlange, begründe die Gewährung einer Witwenbeihilfe.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichtes Trier vom 03.02.2017 (5 wgO 18/15 ...

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