Leitsatz (amtlich)

Befindet sich das unterhaltsberechtigte Kind in einer Erstausbildung, lässt auch eine Unterbrechung der Ausbildung um 4 Jahre, die nicht auf einem leichten vorübergehenden Versagen des Kindes beruht, den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt dann nicht entfallen, wenn eine Einzelfallabwägung dazu führt, dass dem Verpflichteten die weitere Zahlung des Ausbildungsunterhalts zumutbar ist.

 

Verfahrensgang

AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Beschluss vom 17.12.2010; Aktenzeichen 61 F 485/10)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familienericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 17.12.2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.185 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller macht gegenüber dem Antragsgegner Ansprüche auf Zahlung von Kindesunterhalt für die Monate Januar 2010 bis Juli 2010 aus übergegangenem Recht geltend.

Der Antragsgegner ist der Vater der am ... 1986 geborenen ... [A]. Frau ... [A] wuchs im Haushalt der Kindesmutter auf. Sie besuchte von Juli 1999 bis Juli 2004 die Hauptschule in ... [X]. Hiernach hat sie nach den - insoweit bestrittenen - Behauptungen des Antragstellers im August 2004 ein Freiwilliges Soziales Jahr begonnen, von Oktober 2004 bis Februar 2005 ein Praktikum in einem Kindergarten absolviert und in dem Zeitraum von März 2005 bis Oktober 2005 an einem berufsvorbereitenden Lehrgang der Deutschen Angestellten Akademie teilgenommen. Im Anschluss daran war ... [A] sodann bis Juli 2008 als Zimmermädchen in einem Hotel tätig. In der Zeit von August 2008 bis Juli 2009 holte sie ihren Realschulabschluss nach und begann mit der Ausbildung zur Sozialhelferin am ... [B) Berufskolleg. Die Ausbildung wird - das Bestehen der Abschlussprüfung vorausgesetzt - im Juli 2011 beendet sein.

Die Kindesmutter ist aufgrund ihrer tatsächlichen Einkünfte nicht dazu in der Lage, Kindesunterhalt für ihre in einem eigenen Hausstand lebende Tochter zu zahlen. Der Antragsgegner hatte für ... [A] bis Oktober 2005 Kindesunterhalt gezahlt, diese Zahlungen sodann jedoch eingestellt. Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18.12.2009 hat er gegenüber Frau ... [A] die Zahlung von Kindesunterhalt für die Ausbildung zur Sozialhelferin abgelehnt. Der Antragsteller zahlt auf Antrag von Frau ... [A] für die Zeit ab Januar 2010 Kindesunterhalt von 455 EUR als Vorausleistung gem. § 36 BAföG. Im vorliegenden Verfahren erstrebt er die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erstattung der für die Monate Januar 2010 bis Juli 2010 geleisteten Zahlungen von insgesamt 3.185 EUR.

Das AG hat den Antragsgegner durch Beschluss vom 17.12.2010 verpflichtet, an den Antragsteller 3.185 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2010 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner sei zur Zahlung des Kindesunterhalts gem. § 1610 BGB aufgrund seiner Einkommensverhältnisse in der Lage und hierzu auch verpflichtet. Dies ergebe sich im Wesentlichen daraus, dass Frau ... [A] nunmehr ihre Erstausbildung absolviere und der Antragsgegner bisher für eine solche Unterhalt noch nicht gezahlt habe. Die Unterbrechung der Ausbildung bis Juli 2008 könne ihr nicht maßgeblich vorgeworfen werden, da der Antragsgegner seine Unterhaltszahlungen nach dem Hauptschulabschluss eingestellt habe und Frau ... [A] daher ihren Unterhalt zunächst als ungelernte Kraft im Hotel selbst verdient habe. Seit dem Zeitpunkt der Fortsetzung ihrer Ausbildung im August 2008 habe sie mit der nötigen Zielstrebigkeit den Realschulabschluss nachgeholt und lasse auch im Rahmen der weiteren Ausbildung erkennen, dass sie nunmehr darum bemüht sei, einen qualifizierten Berufsabschluss zu erreichen.

Mit der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, der Anspruch auf Zahlung von Ausbildungsunterhalt sei durch die Unterbrechung der Ausbildung über einen Zeitraum von 3 1/2 Jahren zwischen Hauptschulabschluss und Beginn der weiteren Ausbildungsmaßnahme verloren gegangen. Insoweit sei es auch unerheblich, dass er bislang für seine Tochter die Erstausbildung noch nicht bezahlt habe.

Frau ... [A] habe im Übrigen einen etwaigen Unterhaltsanspruch gem. § 1611 BGB verwirkt, weil sie im Jahre 2004 mit der unzutreffenden Behauptung, sie absolviere ein Freiwilliges Soziales Jahr, weiteren Unterhalt verlangt habe.

Der Antragsteller macht geltend, die Unterbrechung in der Ausbildung von Frau ... [A] während eines Zeitraums von 3 1/2 Jahren sei noch hinzunehmen. Der Unterhaltsanspruch sei auch nicht verwirkt. Frau ... [A] habe gegenüber ihrem Vater keine falschen Angaben zu ihrer Ausbildung gemacht. Vielmehr habe sie die Stelle für die Absolvierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres am 1.8.2004 angetreten; die Maßnahme sei jedoch abgebrochen worden, weil Frau ... [A] am 19.10.2004 einen Praktikumsplatz in einem Kindergarten erhalten...

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