Leitsatz (amtlich)

1. Erleidet der VN aufgrund eines Sprunges von einer ca. 50 cm über dem Boden erhöhten Transportfläche mit einer 80 bis 90 kg schweren Glasscheibe eine Wadenverletzung mit Muskelfaserriss, so ist trotz der vom VN willentlich in Gang gesetzten Bewegung aufgrund der Eigendynamik der Glasscheibe von einem Unfallereignis auszugehen (OLG Koblenz, Urt. v. 18.12.1998, NVersZ 1999, 524 = VersR 2000, 45; Beschl. v. 12.12.2002 - 10 U 612/02, NJW-RR 2003, 322 = OLGReport Koblenz 2003, 127; vgl. zu Bandscheibenschäden auch Beschl. v. 5.6.2003 - 10 U 1131/02, OLGReport Koblenz 2003, 424 = r+s 2003, 517 = VersR 2004, 462).

2. Es obliegt nicht der Beweislast des Versicherers, dass der Unfall nicht die überwiegende Ursache für die Schädigung der Bandscheibe ist, weil der Ausschluss des § 2 Abs. 3 Nr. 2 AUB den umfassend in § 1 Abs. 1, Abs. 3 AUB 88 zugesagten Versicherungsschutz einschränkt. Der Versicherungsnehmer hat die Voraussetzungen des Wiedereinschlusses zu beweisen hat (OLG Koblenz NVersZ 2001, 553; OLG Nürnberg NVersZ 2000, 570; OLG Hamm NVersZ 2001, 508; OLG Köln v. 22.5.2002 - 5 U 185/01, VersR 2003, 1120; unter Aufgabe der Entscheidung v. 9.11.2001 - 10 U 201/01, r+s 2002, 481).

 

Normenkette

AUB-88 § 1 Abs. 3; AUB.88 § 2 Abs. 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 4 O 321/02)

 

Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 18.5.2005.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Ansprüche aus einer bei der Beklagten bestehenden Unfallversicherung geltend.

Versichert ist eine Invaliditätsleistung mit Anwendung der Progressionsstaffel ab einer unfallbedingten Minderung der Leistungsfähigkeit von 20 % i.H.v. 178.942 EUR. Zudem sind ein Krankenhaustage- und ein Genesungsgeld sowie ein Krankentagegeld versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die AUB 88 zugrunde.

Der Kläger ist Bauschreinermeister. Er macht Ansprüche wegen eines Schadensfalles vom 23.4.2001 geltend. Der Hergang des Geschehens ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe mit einem Mitarbeiter eine 100 kg schwere Isolierglasscheibe von seinem Transporter abgeladen. Der Mitarbeiter sei vorangegangen, er selbst habe sich am anderen Ende der Scheibe auf der etwa 80 cm von der Straße erhöhten Transportfläche befunden, um die Isolierglasscheibe nach vorne bis zum Rand der Transportfläche zu schieben. Da der Mitarbeiter zu schnell gegangen sei, habe die Scheibe gedroht umzukippen und auf die Straße zu fallen. Um dies zu verhindern, sei er mit der Scheibe von der Ladefläche gesprungen und habe versucht, diese an einem Sauggriff nach oben zu reißen, damit diese nicht auf den Boden aufschlage. Dies sei jedoch nicht gelungen. Im selben Moment habe er einen stechenden Schmerz in der linken Wade und heftige Rückenschmerzen verspürt.

Der Kläger erlitt einen Muskelfaserriss in der linken Wade. Die Behandlung dieser Verletzung und die dadurch verursachte Arbeitsunfähigkeit dauerten bis zum 19.7.2001. Bis zu diesem Tage zahlte die Beklagte Genesungs- und Krankentagegeld.

Im Juni 2001 verspürte der Kläger sodann stärker werdende Rückenschmerzen, die in die rechte Schulter ausstrahlten. Anfang Juli 2001 traten sodann Lähmungs- und Taubheitsgefühle im rechten Arm auf, woraufhin im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. ein Bandscheibenvorfall C 6/7 sowie ein klinisch stummer Bandscheibenvorfall C 5/6 links festgestellt wurde. Der Kläger begab sich am 31.7.2001 in stationäre Aufnahme in die Paracelsusklinik in München, wo am 1.8.2001 die operative Versorgung des Bandscheibenvorfalles C 6/7 erfolgte.

Der Kläger hat dazu vorgetragen, die unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigung des Armes sei mit 2/10 Armwert zu bewerten. Es sei unfallbedingt durchgehend bis zum 29.4.2002 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Nach den Versicherungsbedingungen stünden ihm folgende Leistungen zu:

Funktionsbeeinträchtigung des Armes

14 % von 178. 942 EUR = 25.053,30 EUR

Krankenhaustagegeld 31.7.2001 bis 4.8.2001 täglich 99,19 EUR = 495,95 EUR

Genesungsgeld vom 31.7.2001 bis 4.8.2001 täglich 99,19 EUR = 495,95 EUR

Krankentagegeld 20.7.2001 bis 2.4.2002 täglich 99,19 EUR = 27.079,04 EUR

Gesamt: 53.124,25 EUR.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 53.124,25 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Unfallhergang mit Nichtwissen bestritten. Sie hat darüber hinaus vorgetragen, die über den 31.7.2001 hinausgehende Behandlung des Klägers sei nicht mehr unfallbedingt gewesen. Eine unfallbedingte Invalidität s...

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