Leitsatz (amtlich)

Die Offenbarungs- bzw. Aufklärungspflicht des Verkäufers eines Kfz bezieht sich nicht nur darauf, den Unfallschaden ohne nähere Ausführungen zum Umfang einzuräumen, Es darf auch kein falscher Eindruck hinsichtlich des Umfangs des Schadens erweckt und dieser bagatellisiert werden.

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Urteil vom 11.01.2017; Aktenzeichen 3 O 101/16)

 

Tenor

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 11.1.2017 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Beklagte kann zu den Hinweisen des Senats bis zum 27.3.2017 Stellung nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.

 

Gründe

I. Der Kläger verfolgt Rückgewähransprüche aus einem Kfz-Kaufvertrag.

Mit schriftlichen Kaufvertrag vom 8.7.2014 (Bl. 15 GA) erwarb der Kläger einen Audi A4 2.0 TDI Allroad als Gebrauchtfahrzeug zu einem Kaufpreis von 20.500 EUR vom Beklagten. Für den Beklagten trat dabei das Autohaus C. auf. Im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss wurde ein "Übernahmeprotokoll/Zustandsbericht" erstellt (Bl. 16 GA). In dem Übernahmeprotokoll wurde unter "Bemerkungen" festgehalten:

"Lackschäden insbesondere an nicht fachmännisch reparierten Stellen vorhanden. Schäden hinten rechts + vorne links + hinten links unten vorhanden. Diverse Kratzer vorhanden."

Nach Erwerb des Fahrzeugs leitete der Kläger ein selbständiges Beweisverfahren (LG Bad Kreuznach - 2 OH 18/14) ein. Der Sachverständige B. kam zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden erlitten habe, wobei es sich um massive Schäden im Sinne eines kapitalen Unfallschadens handele. Bei dem Unfall sei das Dach verformt worden und das Fahrzeug habe einen "Rahmenschaden" erlitten. Den Reparaturaufwand bezifferte der Sachverständige auf 21.414,31 EUR brutto.

Mit Schreiben vom 4.8.2015 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag (Bl. 19 ff. GA).

Der Kläger hat erstinstanzlich zur Begründung seines auf Rückzahlung des Kaufpreises unter Berücksichtigung der durch die Nutzung erlangten Vorteile Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs sowie die Erstattung der außergerichtlichen entstandenen Rechtsanwaltskosten gerichteten Begehrens vorgetragen, der Beklagte habe ihn arglistig getäuscht, da keine Aufklärung über den erheblichen Unfallschaden erfolgt sei. Der Beklagte habe auch über die erforderliche Kenntnis vom Umfang des Schadens verfügt, was sich aus der - diesem unstreitig vorliegenden - Aufstellung der Schadensbehebungskosten nach dem Unfall, die vom Voreigentümer erstellt worden sei, ergebe. Das Vorliegen eines derart massiven Unfallschadens, wie er sich aus der vom Voreigentümer eingeholten Schadensberechnung sowie dem selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten ergebe, sei aufklärungspflichtig gewesen. Der Beklagte hat dem entgegengehalten, der Zeuge S. von der Firma C. habe den Kläger auf einen Unfallschaden hingewiesen, der unfachmännisch repariert worden sei. An Fotoaufnahmen, die das Fahrzeug nach einer Teilreparatur gezeigt hätten, habe der Kläger kein Interesse gezeigt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der wechselseitig gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 152 ff. GA) Bezug genommen.

Das LG hat den Beklagten unter überwiegender Aufrechterhaltung eines zuvor ergangenen Versäumnisurteils zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 19.353,06 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, auf Erstattung der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt und den Annahmeverzug des Beklagten mit der Rücknahme des erworbenen Audi A4 festgestellt, lediglich einen Teil der in Berufungsinstanz nicht mehr entscheidungserheblichen Nebenforderungen hat das LG nicht zuerkannt. Der Kläger sei berechtigt vom Kaufvertrag zurückgetreten. Zwar sei zwischen den Parteien ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden, doch habe der Beklagte einen Mangel am Kraftfahrzeug arglistig verschwiegen. Das Fahrzeug habe umfassende Schäden aufgewiesen, die nicht im bloßen Bagatellbereich anzusiedeln seien. Eine Offenbarung dieser Schäden sei nicht erfolgt. Allein der Hinweis auf einen "Unfallschaden" genüge hierfür nicht. Dem Beklagten seien aufgrund des ihm vorliegenden Gutachtens des Voreigentümers die am Fahrzeug bestehenden Unfallschäden bekannt gewesen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (Bl. 154 ff. GA) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner auf die vollständige Abweisung der Klage gerichteten Berufung. Er habe bereits erstinstanzlich vorgetragen, der Zeuge S. habe dem Kläger im ersten Telefonat erklärt, dass das Fahrzeug einen unfachmännisch reparierten Unfallschaden aufweise. Zudem seien bei dem Auto viele Gebrauchsspuren gegeben. Daher hätte das LG den Zeugen S. hören müssen. Die Unfalleigenschaft ergebe sich auch aus dem Übernahmeprotokoll/Zustandsbericht zum Kaufvertrag. Es hätte dem Klä...

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