Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzinsung und Nutzungsherausgabe beim insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist als insolvenzrechtlicher Rückgewähranspruch die Zahlung einer Geldsumme geschuldet, so hat der Anfechtungsgegner gem. §§ 143 Abs. 1 S. 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB auf den zurückzugewährenden Betrag Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob er tatsächlich Nutzungen in dieser Höhe gezogen hat oder hätte ziehen können.

2. Zinsen, Herausgabe gezogener Nutzungen und Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen schuldet der Anfechtungsgegner erst ab Entstehung des Rückgewähranspruch mit Insolvenzeröffnung.

3. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch ist von vornherein der Einzelzwangsvollstreckung durch Insolvenzgläubiger entzogen.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 18.06.2003; Aktenzeichen 2 O 657/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen IX ZR 96/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 18.6.2003 - Aktenzeichen 2 O 657/02 - abgeändert:

Die Beklagte wird unter gleichzeitiger Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 428.483,06 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v.

3,80 % p.a. vom 30.4.2002 bis 3.4.2003,

2,42 % p.a. vom 4.4.2003 bis 3.7.2003,

2,12 % p.a. vom 4.7.2003 bis 3.9.2003 sowie

2,07 % p.a. seit 4.9.2003 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Beklagten wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 13 % und die Beklagte zu 87 %. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger zu 12 % und die Beklagte zu 88 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann von beiden Parteien durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteiles gegen sie vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der K. GmbH & Co. KG (nachfolgend K.). Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Nutzungsherausgabe oder Verzinsung für einen gem. § 143 InsO von der Beklagten an den Kläger zurückgewährten Betrag von 9.936.510,48 DM.

Die Beklagte führte für die K. das Girokonto Nr. ..., für welches ein Kreditrahmen von 10 Mio. DM eingeräumt war. Dieses befand sich am 28.1.2000 mit 9.928.350,02 DM (AH I, B 18) im Soll. Durch Gutschriften wurde in der Folgezeit bis zum Kontoschluss am 16.2.2000 der Debit erheblich verringert. Beide Seiten gehen insoweit von einer Rückführung des von der Beklagten der K. gewährten Kontokorrentkredits (einschließlich einer weiteren Belastung bei Kontoabschluss, vgl. AH I, B 18) um insgesamt 9.936.510,48 DM aus (Anlage zum Schreiben der Beklagten vom 2.9.2002, AH I, K 4; Schreiben des Klägers vom 8.8.2001, AH I, B 18).

Am 14.2.2000 erging Pfändungsbeschluss des AG M., wonach in Vollzug eines dinglichen Arrestes der Staatsanwaltschaft M. über 1,7083 Milliarden DM sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen der K. aus allen vorhandenen Geschäftsverbindungen mit der Beklagten, insb. aus dem Konto Nr. ..., gepfändet wurden (AH I, B 14). Am 16.2.2000 erging ein Arrest- und Pfändungsbeschluss des LG K. zugunsten der Stadtsparkasse D.; in Vollziehung des dinglichen Arrestes i.H.v. 2.132.912,80 DM wurde der angebliche Anspruch der K. gegen die Beklagte auf Auszahlung eines Kontokorrentguthabens gepfändet (AH I, B 15). Beide Beschlüsse wurden der Beklagten am 17.2.2000 zugestellt. Die Freigabe durch die Staatsanwaltschaft M. erfolgte mit Schreiben vom 25.10.2002 (AH I, B 16), mit Beschluss des LG M. vom 1.2.2002 (AH I, B 17) wurde die Pfändung vom 14.2.2000 aufgehoben. Die Freigabe durch die Stadtsparkasse D. erfolgte mit Schreiben vom 12.3.2002 (AH I, B 19).

Am 28.2.2000 wurde Insolvenzantrag über das Vermögen der K. gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.6.2000 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 8.8.2001 (AH I, B 18) forderte der Kläger den Betrag von 9.936.510,48 DM, um welchen die Kontoverbindlichkeit der K. bei der Beklagten verringert worden war, als inkongruente Deckung gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO zurück. Am 3.4.2002 zahlte die Beklagte diesen Betrag.

Mit Schreiben vom 18.4.2002 (AH I, K 1) forderte der Kläger von der Beklagten Rechnungslegung über die im Zeitraum zwischen 17.2.2000 und 3.4.2002 aus dem zurückgewährten Betrag gezogenen Nutzungen sowie Zahlung des entsprechenden Betrages und setzte hierfür Frist bis 30.4.2002. Die Beklagte gab die gezogenen Nutzungen mit Schreiben vom 2.9.2002 mit 445.931,50 Euro an, da nur Tageszinsen i.H.v. durchschnittlich von 4,125 %, erwirtschaftet worden seien (AH I, K 4). Diesen Betrag zahlte sie nach weiterer Korrespondenz am 4.11.2002 an den Kläger.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte schulde aus ...

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