Leitsatz (amtlich)

Die formularmäßig bestimmte Vergütungspflicht von Kostenvoranschlägen ist mit dem wesentlichen Grundgedanken der - mit der Schuldrechtsreform neu eingefügten - Regelung des § 632 Abs. 3 BGB nicht zu vereinbaren und benachteiligt den Kunden deshalb unangemessen.

 

Normenkette

BGB §§ 305c, 307, 632 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Konstanz (Urteil vom 11.03.2005; Aktenzeichen 2 O 354/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Konstanz vom 11.3.2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Für die Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung lediglich gegen die unter Ziff. 1a) des Urteils ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung. Danach wird ihr untersagt, in ihren Reparaturbedingungen die Kostenpflicht von Kostenvoranschlägen vorzusehen.

Die Beklagte vertritt mit ihrer Berufungsbegründung die Auffassung, das LG habe der Entscheidung in dieser Frage tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt, die weder getroffen worden noch Gegenstand des (unstreitigen) Parteivortrags gewesen seien. Der erstinstanzlichen Beurteilung, die Klausel verstoße gegen § 307 Abs. 2 Ziff. 1 BGB, liege ersichtlich zugrunde, dass die zu vergütenden Kostenvoranschläge teuer seien, was jedoch jeweils "relativ" (weil z.B. abhängig vom Wert des zu reparierenden Gegenstandes) sei. Damit beruhe das Urteil auf einer bestimmten Art der Benachteiligung des Kunden, die nicht festgestellt sei.

Auch habe die erste Instanz die Bedeutung des § 632 Abs. 3 BGB verkannt. Diese Zweifelsregel statuiere nur eine Beweislastverteilung, schließe jedoch eine Vergütungspflicht für Voranschläge nicht aus. Insbesondere sei aus § 632 Abs. 3 BGB nicht zu folgern, dass Kostenvoranschläge in der Regel untentgeltlich erfolgen müssten. Eine gesetzliche Vorschrift stehe der Vergütungspflicht deshalb nicht entgegen.

Ebenfalls unrichtig habe das LG angenommen, die Klausel sei überraschend und deshalb gem. § 305c BGB unwirksam. Allein die Unüblichkeit und die Tatsache, dass der Kunde die Regelung nicht erwarte, genügten nicht, um einen "Überrumpelungseffekt" zu bejahen. Ein solcher wohne einer Klausel nur dann inne, wenn der Kunde nach den Umständen auf die Regelung nicht gefasst sein müsse.

Ein Kunde könne jedoch nicht in jedem Fall von einer Unentgeltlichkeit des Vorschlags ausgehen. Zwischen dem Inhalt der eindeutig formulierten Klausel und der üblichen Erwartung des Kunden bestehe deshalb keine deutliche Diskrepanz.

Schließlich habe das LG nicht berücksichtigt, dass die Umstände des Vertragsschlusses für diese Beurteilung maßgeblich seien, so dass bei drucktechnischer Hervorhebung ein Überraschungseffekt ausgeschlossen sei; dennoch erkläre die Entscheidung die Klausel für generell unzulässig.

Die Beklagte beantragt daher, das landgerichtliche Urteil unter Ziff. 1a. aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungserwiderung verweist darauf, dass in Verbandsverfahren die Methode der kundenfeindlichsten Auslegung maßgeblich und die Handhabung im Einzelfall ohne Bedeutung sei. Deshalb genüge die Gefahr, dass der Voranschlag teuer werde. Unklarheiten gingen zu Lasten des Verwenders. Eine geltungserhaltende Reduktion sei unzulässig.

§ 632 Abs. 3 BGB regele, dass Voranschläge im Zweifel unentgeltlich seien, worauf sich der Kunde verlassen können müsse. Abweichungen von dieser Zweifelsregel setzten eine unmissverständliche und angemessene Vereinbarung voraus, die vor Einholung des Voranschlages zu treffen sei. Diese Voraussetzungen erfülle die Klausel nicht, da der Kunde mit ihr in den Reparaturbedingungen nicht rechne.

Für das übrige Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das landgerichtliche Urteil lässt keine Rechtsfehler erkennen, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen.

I. Zu Recht rügt die Berufung allerdings die rechtliche Würdigung der ersten Instanz soweit diese feststellt, die Klausel verstoße gegen § 305c Abs. 1 BGB.

Da der "Überrumpelungseffekt", den § 305c Abs. 1 BGB voraussetzt, wesentlich von den Umständen des Vertragsschlusses (z.B. von der drucktechnischen Hervorhebung der Klausel oder besonderen Hinweisen des Verwenders) abhängt und diese bei einer abstrakten Prüfung nicht berücksichtigt werden können, findet das abstrakte Kontrollverfahren insoweit keine Anwendung (BGH v. 25.6.1986 - IVa ZR 263/84, MDR 1987, 35 = NJW-RR 1987, 45; OLG Brandenburg ZMR 2004, 743). Maßstab einer Überprüfung im Wege des Verbandsverfahrens sind deshalb lediglich die Vorschriften der §§ 307 ff. BGB.

II. Rechtsfehlerfrei hat das LG jedoch die Unwirksamkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB angenommen und eine Unterlassungsverpflichtung der Beklagten bejaht

Die formularmäßig bestimmte Vergütungspfli...

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