Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Beratungspflicht einer Bank über Rentierlichkeit einer Eigentumswohnung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Bank, die einen Kunden bei der Kapitalanlage berät, darf dem Kunden bei der Erörterung des Erwerbs einer Eigentumswohnung nicht vorenthalten, dass gegen den in der erörterten Modellrechnung zugrunde gelegten Mietzins die Einschätzung der Filiale der Bank am Ort der Eigentumswohnung spricht, wonach die erzielbare Miete 17–24 % niedriger ist als in der Modellberechnung zugrunde gelegt. Eine Mietgarantie einer GmbH ändert hieran nichts.

 

Normenkette

BGB a.F. §§ 276, 676

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen 5 O 414/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.03.2003; Aktenzeichen IV ZR 56/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Konstanz vom 14.3.2001 wie folgt abgeändert:

1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98.136,95 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.9.2000 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen lastenfreie Eigentumsübertragung und Herausgabe der A.B. 12, 14, 16, 18 und 20 in H. gelegenen und im Grundbuch von L. Band 190, Blatt 5801, FlSt. Nr. 4412 und 4414 eingetragenen Eigentumseinheit bestehend aus

a) 425/100.000 Miteigentumsanteil am vorbeschriebenen Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 234 bezeichneten Wohnung im 5. Obergeschoss nebst Kellerraum Nr. 234

b) 10/100.000 Miteigentumsanteil am vorbenannten Grundstück verbunden mit dem Teileigentum an dem im Aufteilungsplan mit der Nr. 219 bezeichneten Einzelparker in der Tiefgarage

an die Beklagte.

2) Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin und deren Ehemann K.S. keine Ansprüche aus dem geschlossenen Kreditvertrag Nr. 07 945 991 25 zustehen.

3) Die Beklagte wird verurteilt, die an sie abgetretene Lebensversicherung der A.L. AG, Vers. Sch. Nr. 246645064, Versicherungsnehmer Herr K.S., freizugeben und auf die Klägerin und deren Ehemann K.S. zurückzuübertragen.

4) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, künftige Schäden seit dem 29.9.2000 aus der fortbestehenden Eigentumslage sowie die Rückabwicklungskosten, die sich aus der Übertragung der Eigentumseinheit ergeben werden, an die Klägerin zu zahlen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 480.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

4. Die Beschwer übersteigt für die Beklagte 60.000 DM

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus eigenem und von ihrem Ehemann K.S. ihr abgetretenem Recht Schadensersatz wegen Verletzung von Beratungspflichten beim Kauf einer von der Beklagten finanzierten Immobilie in H.

Das Ehepaar S. hatte im Jahre 1994 ihr Eigenheim entschuldet. Deshalb wandten sich die Klägerin und deren Ehemann Ende November 1994 an die Beklagte, um sich dort über die Möglichkeiten steuersparender Kapitalanlagen informieren zu lassen. Vom Wertpapier-Berater bei der Beklagten, bei der der Ehemann der Klägerin bereits früher Aktiengeschäfte getätigt hatte, wurde ein erster Besprechungstermin des Ehepaar S. mit dem Leiter der Privatkundenabteilung, dem Zeugen H., angebahnt.

Nachdem Herr H. zu Beginn des ersten Gespräches kurz auf verschiedene in Betracht kommende Steuersparmodelle hingewiesen hatte, kam man schnell auf die Möglichkeit einer fremdvermieteten Eigentumswohnung, konkret auf ein Verkaufsprospekt einer insgesamt 335 Eigentumswohnungen umfassenden Wohnanlage in H. zu sprechen.

Anhand der Wohnung Nr. 234 mit einer Wohnfläche von 54,80 qm, prognostizierten Mieteinkünften i.H.v. 23 DM/qm, einem Kaufpreis mit Tiefgarage i.H.v. 345.400 DM sowie der vom Ehepaar S. genannten Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Nettoeinkommen: 6.724 DM) erstellte Herr H. unter Zuhilfenahme eines Computerberatungsprogrammes eine Übersicht über eine derartige Baufinanzierung inklusive der damit verbundenen Steuervorteile. Nach dieser Musterberechnung wäre der Objekterwerb mit einem monatlichen Nettoaufwand von 73 DM (1994), 121 DM (1995), 73 DM (1996) sowie 67 DM (1997 und 1998) zu finanzieren gewesen.

In der Folgezeit fand zwischen den oben genannten Personen zumindest ein weiterer Besprechungstermin statt. Dabei wurde u.a. auch über den Kauf bzw. die Finanzierung eines zwischenzeitlich von den Eheleuten S. besichtigten und in B. gelegenen Objektes mit 6 Wohneinheiten gesprochen, wobei seitens der Eheleute S. zugunsten dieses Objektes dessen räumliche Nähe sowie seitens des Mitarbeiters der Beklagten zugunsten des B.-Objektes dessen bessere Rentierlichkeit ins Feld geführt wurde.

Im Ergebnis entschlossen sich die Eheleute S. für den Kauf der in H. gelegenen Wohnung, wobei als Finanzierungsform auf Vorschlag d...

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