Verfahrensgang

LG Mannheim (Entscheidung vom 16.08.2004; Aktenzeichen 24 O 41/04)

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten restliche Bezahlung für die Lieferung von Gas in Höhe von ... EUR zuzüglich Zinsen aus einem zum 31.10.2003 beendeten Vertrag. Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, wurde die Klage als zur Zeit unbegründet abgewiesen, da die Klägerin ihre Preiskalkulation nicht offen gelegt habe und sie damit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen sei, weshalb dem Gericht die Überprüfung nicht möglich sei, ob die einseitig vorgegebenen Preise der Billigkeit im Sinne von § 315 Abs. 3 S. 1 BGB entsprechen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Sie vertritt die Auffassung, § 315 Abs. 3 BGB sei hier nicht anwendbar, da sie bei der Gaslieferung kein Monopol besitze und die Beklagte in ein bestehendes Vertragsverhältnis vorbehaltlos einschließlich der Preisregelung eingetreten sei, so dass es an einer einseitigen Preisbestimmung fehle. Bei der Beklagten handle es sich um ein Energiedienstleistungsunternehmen und damit um einen so genannten Sondervertragskunden, der seine Belieferungskonditionen frei aushandeln könne. Deshalb sei ihm auch ein günstigerer unter dem allgemeinen Tarif für Endkunden liegender Preis für die Gaslieferung eingeräumt worden. Zudem entsprächen die von der Klägerin verlangten Gaspreise der Billigkeit.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und begehrt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Die von der Klägerin verlangten Preise für die Gaslieferung an die Beklagte unterliegen der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 1, 3 BGB, nachdem die Beklagte eingewandt hat, dass die Preisbestimmung durch die Klägerin unbillig ist.

a) Es ist anerkannt, dass Tarife von Unternehmen, die Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind, jedenfalls wenn sie in ihrem Leistungsbereich eine tatsächliche oder rechtliche Monopolstellung besitzen (BGH NJW 1987, 1828, 1829; BGHZ 115, 311, 316 m. w. N.). Entgegen der Auffassung der Klägerin scheitert die Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB nicht daran, dass es an einer Monopolstellung fehlt. Die Klägerin hat erstinstanzlich unwidersprochen erklärt, dass sie in Bezug auf Gas bis 30.06.2004, also über den Ablauf des hier streitgegenständlichen Vertrags hinaus, eine Monopolstellung inne hatte. Soweit die Klägerin nunmehr vorbringt, diese Aussage beziehe sich nur auf das Leitungsnetz und nicht auf die Lieferung von Gas, handelt es sich um bestrittenes neues Vorbringen, welches nicht zuzulassen ist, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass die Liberalisierung des Energiemarktes gerichtsbekannt ist und aufgrund der Verbändevereinbarung zum Netzzugang bei Erdgas (VVErdgas II) vom 03.05.2002 i. V. m. §§ 33, 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB ein Anspruch auf Nutzung des Netzes durch Dritte besteht. Wie die Beklagte durch auszugsweise Vorlage des Berichts des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über die energiewirtschaftlichen und wettbewerblichen Wirkungen der Verbändevereinbarungen vom 31.08.2003 und das 15. Hauptgutachten der Monopolkommission 2002/2003 belegt hat, bestand jedenfalls bis zur Beendigung des vorliegenden Vertrages zum 31.10.2003 tatsächlich noch kein Wettbewerb auf dem Gasmarkt. Auch trägt die Klägerin nicht im Einzelnen vor, welche Unternehmen in ihrem Einzugsbereich zum damaligen Zeitpunkt bereits das Gasnetz genutzt haben.

b) Die Klägerin kann ihre mangelnde Monopolstellung auch nicht damit begründen, dass die Gasversorgung auf dem Wärmemarkt in Konkurrenz zur Fernwärmeversorgung, zur Stromversorgung für Nachtspeicherheizungen und zur Mineralölwirtschaft steht (sog. Substitutionswettbewerb). Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der Erstbestückung eines Gebäudes mit einer Wärmeanlage - keine Ausweichmöglichkeit mehr auf ein anderes Medium der Wärmeerzeugung besteht. Eine Gasheizung kann nun mal nicht mit Heizöl betrieben werden.

c) Die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB scheidet entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb aus, weil die Preisvereinbarung individuell ausgehandelt wurde oder individuell hätte ausgehandelt werden können. Es mag zwar zutreffen, dass die Beklagte als Energiedienstleistungsunternehmen ein Sondervertragskunde war. Die Möglichkeit über die Preiskonditionen zu verhandeln bestanden aber weder für die Beklagte beim Vertragseintritt noch für die früheren Vertragspartner (... GmbH und ... GmbH), wie sich aus den zwischenzeitlich vorge...

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