Leitsatz (amtlich)

Wird in einen Pkw-Motor ein leistungssteigernder Chip zur Steuerung der Motorelektronik eingebaut ("Chip-Tuning"), der das Abgasverhalten des Motors verändert, so erlischt die Betriebserlaubnis, wenn der Einbau des Chips nicht unverzüglich durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen abgenommen (§ 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 4c StVZO) und eine Bestätigung nach § 22 Abs. 1 S. 5 StVZO erteilt wird. Das gilt auch dann, wenn für den Chip das Gutachten eines Technischen Dienstes nach § 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 4a StVZO vorliegt.

Wird der Chip wieder ausgebaut, lebt die erloschene Betriebserlaubnis dadurch nicht automatisch wieder auf.

 

Normenkette

StVZO § 19 Abs. 3 S. 1 Nr. 4, § 22 Abs. 1 S. 5; BGB § 351; BGB a.F. § 351; BGB § 459 S. 1, § 463

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 26.08.2005; Aktenzeichen 8 O 270/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 26.8.2005 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2002 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht als Erbin ihres Vater Ansprüche aus einem Pkw-Kaufvertrag geltend. Bei der Erbauseinandersetzung ist der Klägerin das Fahrzeug zugeteilt worden.

Mit Vertrag vom 5.5.2000 hatte der Erblasser einen Seat Toledo Singo 1,9 TDI von der Beklagten zum Preis von 41.400 DM erworben. Die Kaufverhandlungen wurden vom Bruder der Klägerin geführt, der das Fahrzeug aussuchte und anschließend auch nutzte. Es handelte es sich um einen Vorführwagen, welcher zuvor auf die Beklagte zugelassen war und einen Kilometerstand von 7.842 aufwies. Die Beklagte hatte in das Fahrzeug einen leistungserhöhenden Chip zur Steuerung der Motorelektronik eingebaut. Die Parteien streiten darüber, ob der Bruder der Klägerin hierauf hingewiesen wurde.

Bis zu einer Inspektion im Oktober 2001 lief das Fahrzeug mehr als 80.000 km ohne wesentliche Beanstandungen. Ende Oktober 2001 wurde der Zahnriemen des Motors und die Spannrolle bei der Beklagten gewechselt bzw. jedenfalls die entsprechenden Arbeiten in Rechnung gestellt. Nach weiteren 7.000 Kilometern trat Mitte Dezember 2001 auf der Autobahn ein Motorendefekt auf. Nachdem das Fahrzeug in eine Seat-Vertragswerkstatt in O. gelangt war, wurde dort festgestellt, dass sowohl Zahnriemen als auch Spannrolle defekt waren. Außerdem erfuhr der Bruder der Klägerin nach deren Darstellung erst jetzt von dem Chip-Einbau. Anschließend wurde das Fahrzeug zur Beklagten verbracht, die es im Januar 2001 mit der Erklärung an den Bruder der Klägerin herausgab, dass man Zahnriemen und Spannrolle erneuert sowie einen Zylinderkopf ersetzt habe. Den Chip hatte die Beklagte bei diesem Anlass wieder ausgebaut. Nach einem weiteren Motorendefekt wurde das Fahrzeug bei einem Autohaus in K. abgestellt. Der Bruder der Klägerin forderte von der Beklagten, die seit Dezember 2001 nicht mehr Vertragshändlerin für Seat war, die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Klägerin hat behauptet, der Pkw habe wegen der an ihm vorgenommenen Leistungssteigerung durch Einbau eines Chips einen Mangel aufgewiesen. Weder ihr Vater noch ihr Bruder hätten Kenntnis von dem Einbau dieses Chips gehabt. Infolge des Einbaus, der von Seat nicht genehmigt oder autorisiert gewesen sei, habe für das Fahrzeug keine Betriebserlaubnis mehr bestanden, die auch durch den von der Beklagten zur Verschlechterung der Beweisposition der Klägerseite später vorgenommenen Ausbau des Chips nicht automatisch aufgelebt sei. Zudem habe die leistungsverstärkende Manipulation ihre Spuren am Steuerungsgerät, dem Zylinderkopf und dem Antriebsaggregat als Kompletteil hinterlassen und dazu geführt, dass das Fahrzeug mehrmals, zuletzt im März 2002 mit einem Motorenschaden liegen geblieben sei. Nach dem erneuten Motorenschaden, der auch auf Montagefehler der Beklagten zurückzuführen sei, habe der Bruder der Klägerin am 12.3.2002 der Beklagten telefonisch mitgeteilt, dass sein Vater "mit dem Vertrag nichts mehr zu tun haben wolle; der Kaufvertrag solle aufgelöst werden". Offenbar seien Zahnriemen und Spannrolle entgegen den Beteuerungen der Beklagten im Januar 2002 nicht erneuert worden. Die Beklagte hafte deshalb nach § 823 BGB auf Rückabwicklung des Vertrages und müsse auch für die entstandenen Finanzierungskosten aufkommen.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.167,48 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw, Marke Seat Toledo Singo 1,9 TDI, Fahrgestellnummer ... zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtlichen dem Kläger noch aus den Reparaturversuchen des obe...

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