Leitsatz (amtlich)

Die Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. muss einen Hinweis auf die einzuhaltende Form (hier: Schriftlichkeit) enthalten. Ein bloßer Hinweis darauf, dass der Widerspruch abzusenden ist, genügt nicht. Im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Abwicklung eines wegen wirksamen Widerspruchs nicht zustande gekommenen Lebensversicherungsverhältnis kann sich der Versicherer nicht auf eine Entreicherung wegen vom ihm gezahlter Vermittlerprovisionen berufen. Zur Ermittlung gezogener Nutzungen.

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 26.06.2012; Aktenzeichen 2 O 344/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 26.6.2012 - 2 O 344/11 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.902,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.10.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 4/5 und die Beklagte 1/5.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung geleisteter Beträge hinsichtlich einer fondsgebundenen Rentenversicherung sowie auf Erstattung entgangener Zinsvorteile und auf Nutzungsersatz in Anspruch. Hilfsweise verlangt er im Wege der Stufenklage weitere Auskunft und Zahlungen von der Beklagten.

Die Parteien haben einen Vertrag über eine fondsgebundene Rentenversicherung samt Todesfall-Risikoversicherung mit der Vertragsnummer L XXX geschlossen. Versicherungsbeginn war der 1.7.2001. Der Kläger verpflichtete sich zu einer monatlichen Beitragszahlung, erstmals zum 1.7.2001, i.H.v. 255,65 EUR. Dem Vertrag lag das sog. Policenmodell zugrunde. Der Versicherungsschein vom 12.6.2001 nebst der Versicherungsbedingungen und übrigen Verbraucherinformationen wurde von der Beklagten an den Kläger übersandt. Auf Seite 3 des Versicherungsscheins findet sich als letzter Absatz folgende Belehrung in Fettdruck:

"Dem Abschluss dieses Vertrages können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs."

Der letzte Beitrag wurde seitens des Klägers im Juli 2007 gezahlt. Die Gesamthöhe der gezahlten Beiträge ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 19.7.2007 beantragte der Kläger eine Vertragsänderung in Form einer Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung. Die Beklagte bestätigte eine solche Umwandlung mit Nachtrag vom 24.8.2007 und stellte fortan weiterhin einen Todesfall-Risikoschutz zur Verfügung. Der Kläger veranlasste mehrfach Vertragswertauskünfte.

Mit Schreiben vom 29.4.2011 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, dass er den geschlossenen Vertrag zum 1.5.2011 kündige, zugleich widerrief er die erteilte Einzugsermächtigung. Mit Schreiben vom 27.6.2011 reichte der Kläger das Original des Versicherungsscheins an die Beklagte zurück. Mit Schreiben vom 1.7.2011 bestätigte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Vertragsbeendigung zum 1.6.2011. Zugleich informierte die Beklagte den Kläger über einen Rückkaufswert i.H.v. 14.326,54 EUR. Dieser Betrag wurde im Juli 2011 von der Beklagten an den Kläger gezahlt.

Mit Anwaltsschreiben vom 20.9.2011 wurde die Beklagte aufgefordert, den Rückkaufswert darzulegen und neu zu berechnen. Zugleich wurde der Widerruf des Rentenversicherungsvertrages gem. § 5a VVG a.F. erklärt. Mit Schreiben vom 14.10.2011 lehnte die Beklagte Ansprüche des Klägers ab. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 18.10.2011 verlangte der Kläger Rückzahlung der geleisteten Beiträge sowie Schadensersatz, zugleich begehrte er Auskunft über die Höhe angefallener Abschluss- und Bearbeitungskosten. Mit Schreiben vom 28.10.2011 lehnte die Beklagte Ansprüche des Klägers endgültig ab.

Der Kläger hat behauptet, er sei nicht auf alle maßgeblichen und für den Vertragsschluss relevanten und notwendigen Informationen aufmerksam gemacht worden. Themen wie Wertentwicklung, Ablaufleistungen und Rendite seien nicht bzw. nur unzureichend in der Beratung besprochen worden. Mögliche Nachteile wie Stornokosten bei vorzeitiger Vertragsbeendigung seien unerwähnt geblieben, über die Kosten des Zillmerverfahrens sei nicht aufgeklärt worden, über verschiedene Versicherungsprodukte sei nicht informiert worden. Eine vollständige Aufklärung nach § 10a VVG a.F. sei unterblieben. Die erhaltenen Verbraucherinformationen seien inhaltlich unzureichend.

Er ist der Rechtsansicht, sein Kündigungsschreiben vom 29.4.2011 sei zugleich als Widerspruch bzw. Widerruf des fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrages zu verstehen, zumindest sei ein Wide...

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