Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung. Feststellung des Erbrechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Welche rechtlichen Auswirkungen die Schlechterfüllung einer von dem Bedachten übernommenen Verpflichtung, dem oder den Erblassern für deren Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu entrichten, im Rahmen eines sog. Entgeltlichen Erbvertrags (Verpfründungsvertrag) hat, ist umstritten. § 2295 BGB gibt dem Erblassser grundsätzlich ein Recht zum Rücktritt vom Erbvertrag nur bei Aufhebung der Verpflichtung.

2. Einigkeit besteht im wesentlichen darüber, dass die §§ 320 ff. BGB auf den Erbvertrag Anwendung finden, da ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der erbrechtlichen Verfügung und der übernommenen Verpflichtung des Vertragserben nicht besteht.

3. Denn der Nachlasspfleger ist nicht berechtigt, einen Vermächtnisanspruch der Klägerin auf Auszahlung des Barvermögens, ganz oder zum Teil, zu erfüllen. Aufgabe des Nachlasspflegers ist es, den Nachlass zu verwalten und zu erhalten. Es gehört deshalb gerade nicht zu seinen Aufaben der ordnungsgemäßen Verwaltung, Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen; es sei denn, das wäre zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Erhaltung, des Nachlasses – etwa zur Vermeidung unnötiger Prozesskosten – geboten.

 

Normenkette

BGB §§ 812, 2283, 2295-2296

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 08.12.1994; Aktenzeichen 1 O 84/94)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 08.12.1994 geändert:

Es wird festgestellt, daß die Klägerin

nach Nr. IV lit. e des Erbvertrags vom 05.02.1980 zwischen Heinrich K., verstorben am 27.12.1982, und Hedwig K., verstorben am 04.09.1991, der am 01.02.1983 beim Amtsgericht Leverkusen unter Nr. 5 IV 33 bis 36/83 eröffnet worden ist, zur erbrechtlich soweit gesetzlich zulässig und auch Beschränkungen nach § 181 BGB befreiten Testamentsvollstreckerin nach Hedwig K. berufen worden ist,

neben dem Beklagten Erbin zu 2/5 der am 04.09.1991 gestorbenen Erblasserin Hedwig K. ist,

Vorausvermächtnisnehmerin über das sämtliche bewegliche Vermögen der am 4.09.1991 gestorbenen Erblasserin Hedwig K., insbesondere Barmittel, Spar- und Bankguthaben, etwaige Wertpapierbestände, Wohnungseinrichtung- und Hausratsgegenstände, Wäsche, Kleider, Inhalt der Behältnisse und dergleichen, geworden ist, soweit das bewegliche Vermögen einen Betrag von DM 240.000,00 nebst der diesem Betrag anteilig entsprechenden, seit dem Erbfall erwirtschafteten Zinsen abzüglich der anteilig diesem Betrag nebst Zinsen entsprechenden Kosten der Nachlaßverwaltung übersteigt. Sie ist verpflichtet, aus den vorhandenen Barmitteln bzw. Spar- und Bankguthaben das standesgemäße Begräbnis der Erblasserin auszurichten und die elterlichen Grabstätten in würdigem Zustand herzurichten und stets in ordnungsgemäßem Zustand zu halten

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Beklagte 54 % und die Klägerin 46 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte 9 %, die Klägerin 91 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 11.000,00, der Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 5.000,00 abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

V. Die Beschwer der Klägerin liegt über, die Beschwer des Beklagten liegt unter DM 60.000,00. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird festgesetzt auf DM 149.600,00.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Geschwister und die ehelichen Kinder der am 04.09.1991 verstorbenen Erblasserin, um deren Nachlaß die Parteien streiten. Der Ehemann der Erblasserin und Vater der Parteien ist am 27.12.1982 vorverstorben.

Die Eltern der Parteien und die Parteien trafen am 17.03.1970 folgende notariell beurkundete Vereinbarungen:

Die Eltern der Parteien setzten sich im Wege vertragsmäßiger Verfügungen im Rahmen eines Erbvertrags gegenseitig zu Erben und den Beklagten zum Alleinerben des letztversterbenden Ehegatten ein. Als wesentlichen Bestandteil ihres Vermögens bezeichneten sie das von ihnen und dem Beklagten gemeinsam bewohnte Hausgrundstück in L., D. weg 76. Der Klägerin setzten die Eltern im Wege vertragsmäßiger Verfügung ein Vermächtnis aus, das sämtliches bewegliches Vermögen, insbesondere Barmittel, Spar- und Bankguthaben und etwaige Wertpapierbestände umfaßte. Der Beklagte verpflichtete sich gegenüber seinen Eltern zu Gewährung von Wartung und Pflege auf deren Verlangen in gesunden und kranken Tagen in seiner Familie in dem Anwesen D.gasse 76 und nahm die Erklärungen der Eltern an.

In derselben Urkunde schlossen die Klägerin und ihre Eltern ferner einen Erbverzichtsvertrag, in dem die Klägerin auf ihr gesetzl...

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