Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur unterhaltsrechtlichen Bewertung des infolge Kinderbetreuung überobligatorischen Einkommens einerseits beim Unterhaltsberechtigten und andererseits beim Unterhaltsverpflichteten. Unterhaltsrechtliche Bewertung überobligatorischen Einkommens beim Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist daran festzuhalten, dass sich die Bemessung des infolge Kinderbetreuung überobligatorischen Einkommens des Unterhaltsberechtigten nach § 1577 Abs. 2 BGB richtet, also kein einkommensunabhängiger Pauschbetrag abzusetzen ist, wobei dieses Einkommen darüber hinaus nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 22.1.2003 - XII ZR 186/01, MDR 2003, 697 = BGHReport 2003, 495 = FamRZ 2003, 518 [520]) nicht als eheprägend anzusehen sein soll. Es ist auch daran festzuhalten, dass bei entsprechend flexibler Handhabung durch die Zubilligung eines pauschalen Betreuungsbonusses auf Seiten des Unterhaltspflichtigen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung Sinne des Art. 3 Grundgesetz ggü. dem Unterhaltsberechtigten nicht erfolgt. Hat nämlich der Unterhaltspflichtige zwangsläufig das höhere Einkommen erzielt, würde die quotenmäßige Nichtberücksichtigung seines Einkommens dazu führen, dass die vergleichbare Leistung der Kindesbetreuung beim Unterhaltsverpflichteten sogar ungleich höher bewertet würde.

 

Normenkette

GG Art. 3; BGB § 1577 Abs. 2, § 1578

 

Verfahrensgang

AG Wiesloch (Urteil vom 22.04.2004; Aktenzeichen 2 F 52/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG - FamG - Wiesloch v. 22.4.2004 (2 F 52/03) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 2. des Urteils wie folgt gefasst wird:

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin von April 2003 bis Mai 2004 einschließlich monatlich nachehelichen Unterhalt i.H.v. 248 Euro zu zahlen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

Der zwölfjährige Sohn der Parteien hält sich weiterhin entsprechend der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung drei Wochen im Monat beim Vater und eine Woche im Monat bei der Mutter auf.

Die Klägerin, die seit der Trennung zunächst teilschichtig gearbeitet und anschließend Arbeitslosenunterstützung bezogen hat, steht seit 20.5.2004 in einem festen Beschäftigungsverhältnis. Sie hat deshalb (mit Zustimmung des Beklagten) für die Zeit ab Juni 2004 die Klage zurückgenommen.

Das AG hat der Klägerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. 321 Euro monatlich für die Monate September 2002 bis Dezember 2002 und i.H.v. 248 Euro monatlich ab Januar 2003 zuerkannt. Seiner Berechnung hat es ein durchschnittliches Monatseinkommen des Beklagten i.H.v. 2.000 Euro netto zu Grunde gelegt und den darüber hinausgehenden Teil seines Lohnes im Hinblick auf umfangreiche Nachtarbeit unberücksichtigt gelassen. Dieses Einkommen hat es um Fahrtkosten, anteiligen Barunterhalt für den Sohn, einen Betreuungsbonus i.H.v. 250 Euro und 10 % Erwerbstätigenbonus bereinigt und den Beklagten nur i.H.v. 321 Euro beziehungsweise 248 Euro monatlich als leistungsfähig angesehen.

Der Beklagte behauptet, der Sohn habe sich bereits ab Januar 2002 überwiegend, zumindest zu 2/3 bei ihm aufgehalten. Zum Beweis beruft er sich auf von ihm selbst erstellte Anwesenheitslisten und das Zeugnis des Sohnes.

In rechtlicher Hinsicht beanstandet er, dass das AG die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung, dass er im Zusammenhang mit der Finanzierung der Ehewohnung anfallende Lebensversicherungsprämien i.H.v. monatlich 287 Euro allein aufbringe und die Klägerin darüber hinaus keine Unterhaltsansprüche geltend mache, nicht als Unterhaltsverzicht gewertet hat.

Ferner rügt er einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz. Dieser liege darin, dass beim Unterhaltsberechtigten Einkommen aus im Hinblick auf Kinderbetreuung überobligatorischer Erwerbstätigkeit nur teilweise angerechnet werde während dem Unterhaltspflichtigen in derselben Situation lediglich ein Betreuungsbonus zugestanden werde.

Schließlich beruft sich der Beklagte darauf, dass die Klägerin ihren etwaigen Unterhaltsanspruch gem. § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt hätte, weil sie seit April 2002 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe. Sie zeige sich mit ihrem Lebensgefährten ungezwungen in der Öffentlichkeit als Paar und habe auch schon mehrfach mit ihm Urlaub verbracht.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des AG Wiesloch v. 22.4.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie akzeptiert die Unterhaltsberechnung durch das AG und verteidigt dieses im Übrigen.

B. Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Ein genereller Verzicht der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt lässt sich nicht feststellen. Nach ihrer eigenen Darstellung war anlässlich der Trennung zwischen den Parteien vereinbart, d...

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