Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt: Kosten für den Besuch einer Privatschule und Transportkosten dorthin als ausbildungsbedingter Mehrbedarf. Mitversicherung des Kindes in der gesetzlichen französischen Krankenversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Schulgeld für den Besuch einer Privatschule stellt ausbildungsbedingten Mehrbedarf dar, der grundsätzlich vom Barunterhaltspflichtigen zu tragen ist. Der betreuende Elternteil, der seine Unterhaltspflicht durch Leistung von Naturalunterhalt erfüllt, ist nach den Umständen des Einzelfalls verpflichtet, sich hieran zu beteiligen. Der Umfang der Beteiligung richtet sich dabei nach den beiderseitigen Einkommensverhältnissen der Eltern.

2. Wenn der betreuende Elternteil zunächst die Privatschulkosten übernimmt, liegt kein Fall des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs vor mit der Folge, dass das unterhaltsberechtigte Kind die Aktivlegitimation für die Geltendmachung der Privatschulkosten nicht verliert.

3. Die Transportkosten, die im Rahmen des Besuchs der Privatschule anfallen, sind nicht als schulischer Mehrbedarf zu werten. Sie stellen vielmehr allgemeinen Lebensbedarf dar, der von den Regelsätzen des Tabellenunterhalts erfasst ist.

4. Die Mitversicherung des Kindes in der französischen gesetzlichen Krankenversicherung des unterhaltspflichtigen Vaters ist zur Abdeckung des Versicherungsschutzes des Kindes dann nicht ausreichend, wenn sich die Abwicklung von Krankenkosten in der Vergangenheit mehrfach als schwierig dargestellt hat. In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, dass der Barunterhaltspflichtige den Versicherungsschutz in Form einer Beitragsleistungen zur privaten Krankenversicherung trägt.

 

Normenkette

BGB § 1610 Abs. 2, § 1606 Abs. 3, § 1613 Abs. 2 Nr. 1, § 1612 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Kehl (Urteil vom 01.12.2006; Aktenzeichen 1 F 156/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG - FamG - Kehl vom 1.12.2006 (1 F 156/06) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Kindesmutter, Frau Rechtsanwältin F., einen Betrag von 2.767,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 27.5.2006 zu zahlen.

b) Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Kindesmutter einen rückständigen Krankenvorsorgeunterhalt für die Zeit von 2005 bis November 2006 von insgesamt 1.510,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 867,87 EUR seit dem 27.5.2006 und aus restlichen 642,87 EUR seit dem 30.8.2007 zu zahlen.

c) Der Beklagte wird schließlich verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Kindesmutter ab Dezember 2006 einen laufenden Krankenvorsorgeunterhalt i.H.v. von 137,34 EUR monatlich zu zahlen, fällig jeweils zum 3. Werktag eines Monats.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und ihre weitergehende Klage abgewiesen.

3. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten der Verfahren in beiden Instanzen trägt die Klägerin 15 % und der Beklagte 85 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin, vertreten durch ihre alleinsorgeberechtigte Mutter Frau Rechtsanwältin F., begehrt vom Beklagten eine hälftige Beteiligung an dem Schulgeld für eine Privatschule, eine hälftige Beteiligung der diesbezüglichen Transportkosten für die Fahrt von Kehl nach Straßburg und schließlich die Leistung von Krankenvorsorgeunterhalt.

Der Beklagte und die Mutter der Klägerin sind die Eltern der Klägerin Desirée W. (geboren am ... 1996). Die Kindesmutter hat die alleinige Sorge für das Kind. Desirée lebt in ihrer Obhut.

Der Kindesunterhalt für Desirée ist tituliert durch einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des FamGes Kehl vom 29.6.2005 (1 FH 4/06) i.H.v. 150 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe nach § 1 der Regelbetragverordnung abzgl. des hälftigen Kindergeldes.

Die Klägerin fordert eine hälftige Beteiligung des Beklagten an den Kosten des Besuchs einer Privatschule St. E. in Straßburg für die Zeit von 2003 bis Januar 2006. Der Gesamtbetrag der von der Mutter der Klägerin getragenen Kosten belaufe sich auf 5.534,14 EUR, so dass der Beklagte sich in Höhe der Hälfte dieses Betrages, also i.H.v. 2.767,07 EUR, sich daran beteiligten müsse. Der Besuch der Schule beruhe auf einem Einvernehmen der Eltern, der Beklagte habe Desirée selbst dort angemeldet. Der Beklagte habe sich in einem Schreiben seiner damaligen französischen Prozessbevollmächtigen vom 17.6.2007 (As. I, 21) mit der hälftigen Tragung der Schulkosten einverstanden erklärt (sog. "frais de scolarite"). Die Mutter des Beklagten habe für diesen Zeitraum keine Kosten übernommen. Die Zahlungen im Jahre 2002 betreffen nicht den streitgegenständlichen Zeitraum. Darüber hinaus macht die Klägerin Transportkosten für die Verbringung von Kehl nach Straßburg für die Zeit von August 2004 bis Januar 2006 i.H.v. 1.366,75 EUR geltend, hierauf entfalle auf den Beklagten die Hälfte, also 683,37 EUR. Schließlich fordert die Klägerin vom Be...

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