Leitsatz (amtlich)

Hat ein Versicherungsnehmer bei der telefonischen Bitte um Überlassung einer Versicherungsbestätigung nach § 29a StVZO die Absicht geäußert eine Vollkaskoversicherung zu beantragen, und erhält er daraufhin die Deckungskarte ohne ausdrückliche und hervorgehobene Beschränkung auf den Haftpflichtschutz, so genießt er vorläufige Deckung in der Fahrzeugvollversicherung.

Zur Anzeigepflicht bei vorläufiger Deckungszusage.

 

Normenkette

VVG §§ 1, 16-17, 49; AKB § 12 Ziff. 1, § 13 Ziff. 5, § 14

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 13.02.2006; Aktenzeichen 7 O 245/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Heidelberg vom 13.2.2006 - 7 O 245/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aufgrund der am 17.4.2005 vereinbarten vorläufigen Deckung in der Kfz-Vollversicherung hinsichtlich des BMW 316i Compact, amtl. Kennzeichen ..., Versicherungsschutz für das Schadensereignis vom 25.4.2005 zu gewähren.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung i.H.v. 366,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.8.2005 zu bezahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt Versicherungsleistungen aufgrund einer Kfz-Vollversicherung.

Am 17.4.2005 wandte sich der Kläger telefonisch an den Versicherungsagenten der Beklagten mit der Bitte, für seinen sobald wie möglich zuzulassenden Pkw BMW 316i Compact, amtl. Kennzeichen ..., Versicherungsschutz zu vermitteln und eine Doppelkarte auszuhändigen. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um eine - vom TÜV abgenommene - Sonderversion, bei der der serienmäßig 75 kw-Motor durch einen 235 kw starken Austauschmotor ersetzt worden war. Auf Nachfrage des Versicherungsagenten gab der Kläger an, dass er außer der Haftpflichtversicherung auch eine Kfz-Vollversicherung mit einem Selbstbehalt von 300 EUR wünsche. Noch am 17.4.2005 holte der Kläger die Doppelkarte ab; am Abend desselben Tages übersandte er dem Agenten der Beklagten per Fax die von ihm angeforderten Unterlagen einschließlich des Fahrzeugbriefes. Das Fahrzeug wurde am 18.4.2005 für den Straßenverkehr zugelassen. Am 25.4.2005 verlor der Kläger aus Unachtsamkeit auf nasser Fahrbahn die Herrschaft über Fahrzeug und prallte innerorts gegen einen Baum.

Der Kläger ist der Auffassung, dass im Unfallzeitpunkt vorläufige Deckung in der Fahrzeugvollversicherung bestanden habe; die Beklagte bestreitet ihre Einstandspflicht nach Grund und Höhe.

Der Kläger hat beantragt,

a) die Beklagte zu verurteilen, aus dem bei ihr für den Kläger bestehenden Kraftfahrtkaskoversicherungsvertrag für das versicherte Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen HD-JP 222 Deckung für das Schadensereignis vom 25.4.2005 zu gewähren,

b) die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren über EUR 366,44 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,

c) hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30.000 EUR zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.11.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Der als Zeuge vernommene Versicherungsvermittler habe glaubhaft angegeben, dass er keine vorläufige Deckung in der Fahrzeugvollversicherung zugesagt habe. Der vorläufige Versicherungsschutz sei nach Maßgabe der Doppelkarte auf die Kfz-Haftpflichtversicherung beschränkt gewesen. Auch ein Schadensersatzanspruch komme nicht in Betracht, da die Beklagte bzw. der für sie tätige Vermittler nicht verpflichtet gewesen sei, den Kläger auf den begrenzten Umfang der vorläufigen Deckung oder darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug wegen der gesteigerten Motorleistung bei der Beklagten nicht versicherbar gewesen sei.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Das LG habe die Aussage des Versicherungsagenten nicht zutreffend gewürdigt. Der Zeuge habe sehr wohl schon am 17.4.2005 eine vorläufige Deckung in der Kaskoversicherung zugesagt. Dies werde durch die Rückbeziehung des Versicherungsschutzes in dem später aufgenommenen schriftlichen Versicherungsantrag bestätigt, wo der Zeuge den Beginn der bedingungsgemäßen Deckung auf den 18.5.2004, d.h. den Tag nach Aushändigung der Doppelkarte, datiert habe. Unabhängig davon sei die Beklagte auch aufgrund des von ihr angenommenen Versicherungsantrages vom 28.4.2005 zu einer Erstattung des Schadens verpflich...

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