Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 6 O 76/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.02.2020; Aktenzeichen I ZR 93/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 21.07.2017, Az. 6 O 76/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000 EUR abwenden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht in seiner Funktion als Dachverband einer Vielzahl von Verbraucherorganisationen einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe für den Sach- und Streitstand im ersten Rechtszug und die getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach dem Klageantrag erkannt.

Der Ausschluss der Bezahlung von im Internetversandhandel der Beklagten durch Kunden mit Wohnsitz in Deutschland bestellter Waren mittels auf ein Konto in Luxemburg bezogener Lastschrift wurde durch das Landgericht als Verstoß gegen Art. 9 Abs. 2 VO (EU) Nr.260/212 (i.F. SEPA-VO) als verbraucherschützender Norm i.S.d. § 2 Abs. 1 UKIaG und Marktverhaltensregel i.S.d. § 3 a UWG bewertet.

Dies beruht nach Auffassung der Beklagten sowohl hinsichtlich der Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 9 SEPA-Verordnung als auch bezüglich der Einordnung der Vorschriften der SEPA-Verordnung als verbraucherschützend bzw. als Marktverhaltensregel auf einer rechtsfehlerhaften Bewertung des Landgerichts.

1. Der Regelung des Art. 9 SEPA-VO, welche sich als einzige Norm der Verordnung an den Zahlungsdienstnutzer richte, diene der Harmonisierung der Abwicklung von bargeldlosen Zahlungen. Sie stütze sich daher auf Art. 95 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, nicht dagegen auf Art. 169 Abs. 1 und Abs. 2 a des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als Grundlage für den Erlass verbraucherschützender Regelungen nach Art. 114 AEUV und sei dementsprechend nicht als Verbraucherschutzregel bezeichnet oder in den Erwägungsgründen als solche dargestellt. Mit dem deutschen SEPA Begleitgesetz werde die Gewährleistung der Einhaltung der Verordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen übertragen.

2. Mit der Einzelfalldarstellung einer nicht akzeptierten Zahlung vom luxemburgischen Konto eines in Deutschland wohnhaften Kunden habe der Kläger auch keinen Verstoß gegen Art. 9 SEPA-VO bewiesen. Vielmehr sei die Zahlung per Lastschrift im konkreten Fall ausnahmsweise aus zulässigen Gründen auf Grund interner Sicherheitsmaßnahmen abgelehnt worden.

Die Beklagte beantragt daher in erster Linie

Abänderung des angefochtenen Urteils und Klagabweisung

hilfsweise

Abänderung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht hilfsweise

Zulassung der Revision und - ergänzend - Vorlage an den EuGH.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

zu 1. Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO diene in erster Linie Verbraucherinteressen mit der Schaffung der Möglichkeit, als Verbraucher für die Kontoführung frei unter den Ländern der Europäischen Union auszuwählen ohne Zahlungseinschränkungen zum Beispiel für den Fall von Wohnsitzverlegungen oder regelmäßigem oder häufigem Auslandsaufenthalt.

Entgegen der Berufungsbegründung stütze sich der Erlass des Art. 9 SEPA-VO auf Art. 114 AEUV. Die verbraucherschützende Zielrichtung einer Regelung hänge auch nicht von einer entsprechenden Bezeichnung im Titel einer Verordnung ab und werde durch die vorgesehene Möglichkeit der Verfolgung von Verstößen durch Behörden nicht widerlegt.

zu 2. Aus dem erstinstanzlichen Klägervortrag einer Fehlermeldung schon bei Eingabe der auf ein luxemburgisches Konto bezogenen IBAN-Nummer und der eigenen Erklärung der Beklagten, wonach bei Kundenwohnsitz in Deutschland nicht von einem ausländischen Konto abgebucht werden könne, ergebe sich, dass die Zurückweisung nicht auf einer individuellen Prüfung basiert habe. Die Beklagte habe die Kriterien einer solchen Prüfung auch nicht spezifiziert.

Il. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO als Verbraucherschutzgesetz i.S.d. § 2 Abs. 1 UKIaG und Marktverhaltensregel i.S.d. § 3 a UWG bewertet (1.).

Einen Verstoß gegen diese Norm hat die Beklagte nicht substantiiert bestritten (2.).

1. a) Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass nach der Gesetzesbegründung zum UKIaG Verbraucherschutzgesetze generell Gesetze sind, die dem Schutz der Verbraucher dienen. Eine Norm "dient" dem Schutz der Verbraucher, wenn de...

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