Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzureichende Beheizbarkeit eines alten Fachwerkhauses - Eingeschränkter Gewährleistungsausschluss im notariellen Grundstückskaufvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verpflichtet sich der Verkäufer im notariellen Grundstückskaufvertrag - trotz eines gleichzeitigen Gewährleistungsausschlusses -, "diejenigen erheblichen versteckten Mängel zu offenbaren, die ihm bekannt sind oder bekannt sein müssten", dann haftet er für einen Mangel des Hauses bereits dann, wenn er den Mangel vor dem Verkauf infolge Fahrlässigkeit nicht bemerkt hat; ein arglistiges Verhalten ist nicht Voraussetzung für die Haftung des Verkäufers.

2. Bei einem gebrauchten Wohnhaus gehört zur "üblichen Beschaffenheit" i.S.v. § 434 Abs. 1 Ziff. 2 BGB insbesondere eine ausreichende Beheizbarkeit. Das bedeutet, dass in zum Aufenthalt dienenden Räumen auch bei starker Kälte im Winter jedenfalls mindestens 20 Grad Celsius erzielt werden können, und dass dabei gleichzeitig - bei geschlossenen Fenstern - keine erheblichen Zugerscheinungen auftreten. Wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, gelten für ein altes Fachwerkhaus keine anderen Anforderungen.

 

Normenkette

BGB § 281 Abs. 1, § 434 Abs. 1, § 437 Ziff. 2, § 444

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 23.11.2010; Aktenzeichen 5 O 263/09 T)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Konstanz vom 23.11.2010 - 5 O 263/09 T - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.931,94 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.10.2007.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit notariellem Kaufvertrag vom 28.7.2004 erwarb der Kläger von dem Beklagten das Anwesen S. gasse 2 in U.. Das Grundstück ist mit einem (wahrscheinlich mehrere hundert Jahre alten) Fachwerkhaus bebaut, welches im Laufe der Zeit mehrfach renoviert, saniert und umgebaut wurde. Das Haus ist in drei Wohnungen aufgeteilt, wobei die Dachgeschosswohnung über zwei Etagen reicht. Der Kaufpreis betrug 320.000 EUR. Die Übergabe des Anwesens an den Kläger erfolgte am 3.11.2004.

Hinsichtlich der Gewährleistung hatten die Parteien in § 5 Abs. 2 des Kaufvertrages vereinbart:

"Im Übrigen sind abweichend von den gesetzlichen Vorschriften - soweit diese es zulassen - Ansprüche des Erwerbers wegen eventueller Sach- und Rechtsmängel bei diesem gebrauchten Vertragsgegenstand ausgeschlossen. Die Beschaffenheit des Vertragsobjekts ist bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt. Die Parteien sind allerdings einig, dass der Übereigner verpflichtet ist, diejenigen erheblichen versteckten Mängel zu offenbaren, die ihm bekannt sind oder bekannt sein müssten. Erheblich ist ein Mangel, der bei der Bestimmung des Kaufpreises nicht unberücksichtigt geblieben wäre. Versteckt ist ein Mangel, der für einen Laien auch bei eingehender Besichtigung nicht erkennbar ist."

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 1.8.2006 (Anlagenheft LG, AS. 67 ff.) wies der Kläger darauf hin, das erworbene Haus weise verschiedene Mängel auf, und dem Beklagten werde daher eine Frist gesetzt, seine Verpflichtung zur Mangelbeseitigung dem Grunde nach anzuerkennen. Der Beklagte habe die Mängel bei Abschluss des Vertrages arglistig verschwiegen. Der Beklagte bestritt mit Schreiben vom 27.8.2006 (Anlagenheft LG, AS. 47/49) die Voraussetzungen einer Haftung. Er habe dem Kläger keine Informationen vorenthalten, und auch nicht versucht, den Kläger arglistig zu täuschen.

Mit seiner Klage vom 17.10.2007 hat der Kläger Schadensersatzansprüche i.H.v. insgesamt 66.662,79 EUR geltend gemacht, und im Übrigen die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, weitere, noch nicht feststehende, Schäden zu ersetzen. Das erworbene Haus weise verschiedene schwerwiegende Mängel auf, welche der Beklagte bei Vertragsabschluss hätte offenbaren müssen. Für eine zukünftige Mangelbeseitigung müsse der Kläger mindestens die von ihm geltend gemachten Beträge aufwenden. Die Gebäudehülle sei undicht, so dass im Winter eine normale Beheizung der Dachgeschosswohnung nicht möglich sei. Die Grenzwand zum Nachbargebäude S. gasse 4 weise in einem Teilbereich eine unzureichende Stärke von lediglich 12 cm auf. Es gebe einen massiven Holzwurmbefall. Der Entlüftungsventilator im Bad des ersten Obergeschosses sei verbotswidrig angeschlossen. Ein undichtes Dachfenster habe der Kläger reparieren müssen. Wegen der unzureichenden Abdichtung des Dachgeschosses seien dem ...

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