Entscheidungsstichwort (Thema)

Privatversicherungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Mangelhafte Einbauten in ein Kraftfahrzeug stellen im Rahmen der Kraftfahrtversicherung nur dann eine subjektive Gefahrerhöhung dar, wenn der Versicherungsnehmer die Mangelhaftigkeit kennt.

 

Normenkette

VVG §§ 23, 26, 81

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 28.02.2013; Aktenzeichen 6 O 103/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des LG Karlsruhe vom 28.2.2013 - 6 O 103/11 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.340 EUR nebst 5 Prozentpunkt Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.9.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit es durch diese Entscheidung bestätigt wird.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt wegen eines Brandschadens am 27.6.2010 Leistungen aus einer Fahrzeugvollversicherung, die mit einer Selbstbeteiligung von 150 EUR seit 2004 besteht. Die Beklagte beruft sich auf Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung und grob schuldhafter Herbeiführung des Versicherungsfalls.

Halter des Fahrzeugs ist der Sohn der Klägerin, der auch im Versicherungsantrag als solcher eingetragen ist. Nach Vertragsschluss wurden in das Fahrzeug ein Musikverstärker, ein Navigationsgerät sowie Steuergeräte für geänderte Rückleuchten eingebaut.

Am 27.6.2010 brannte das Fahrzeug vollkommen aus. Das Fahrzeug hatte zum Schadenszeitpunkt einen Wiederbeschaffungswert von 7.500 EUR, der Restwert betrug 10 EUR.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Brand sei nicht durch die vorgenommenen Einbauten verursacht worden. Auch eine Gefahrerhöhung liege insoweit nicht vor. Die Einbauten seien nicht von einem Laien durchgeführt worden. Ein Kfz-Mechaniker habe ihrem Sohn beim Einbau geholfen. Das verwendete Material habe aus einem Bausatz speziell für das streitgegenständliche Fahrzeug gestammt. Von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit könne keine Rede sein. Hinsichtlich der nachträglich eingebauten Musikanlage mit Navigationssystem habe die Klägerin bei dem Sachbearbeiter der Beamtenbank angerufen. Ihr sei mitgeteilt worden, dass die Musikanlage bis zu 5.000 EUR mitversichert sei. Es sei auch mitgeteilt worden, dass nichts weiter zu unternehmen sei.

Soweit die Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen seien, dass eine Spraydose einen Kurzschluss verursacht habe, habe sich diese vor dem Brand im Ablagefach des Kofferraums ordnungsgemäß verstaut befunden.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.340 EUR nebst 5 % Jahreszins über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.9.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in der Höhe von 661,16 EUR zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, Brandursache seien die nachträglichen, nicht sach- und fachgerechten Einbauten. Durch diese Ein- und Umbauten habe sich das Brandrisiko beträchtlich erhöht und verwirklicht. Hier habe der Repräsentant der Klägerin, der Zeuge H, positive Kenntnis davon gehabt, dass laienhafte Eingriffe in die Elektrik des Fahrzeugs vorgenommen wurden. Bei einem derart klaren Fall sei die Gefahrerhöhung so gravierend und offensichtlich, dass sie auch von einem technischen Laien schlechterdings nicht übersehen werden könne. In diesem Fall sei die Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände, sofern sie nicht ohnehin für bewiesen anzusehen seien, jedenfalls zu vermuten. Es liege somit im Hinblick auf die verschwiegenen gefahrerhöhenden Umbauten nicht lediglich grobe Fahrlässigkeit vor, sondern Vorsatz, weshalb der Klägerin die Ansprüche insgesamt zu versagen seien.

Das LG hat mit Urteil vom 28.2.2013, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, der Klage i.H.v. 5.505 EUR stattgegeben und ausgeführt, dass die Beklagte nicht wegen Gefahrerhöhung - hier durch den Einbau eines Musikverstärkers, eines Navigationsgeräts sowie eines Steuergeräts - leistungsfrei. Es sei nicht beweisen, dass der Versicherungsnehmer bzw. sein Repräsentant sich der risikoerhöhenden Umstände bewusst gewesen seien. Die Klägerin und auch ihr Sohn hätten insoweit nicht grob fahrlässig gehandelt. Der Sohn der Klägerin sei nachvollziehbar davon ausgegangen, dass der Einbau mit Hilfe des Kfz-Mechanikers ordnungsgemäß erfolgt sei, zumal es auch keine Beanstandung durch den TÜV gegeben habe. Er habe den Versicherungsfall allerdings grob fahrlässig herbeigeführt, weil der Brandschaden durch eine beschädigte oder fehlende Batterieplusabdeckung in Verbindung mit einer Spraydose verursacht worden sei. Die Spraydose habe sich nicht im Ablagefach des Kofferraums, sondern unterhalb dieses Faches in unmittelbarer Nähe der Batterie befunden. Es sei bekannt, dass metallene Gegenst...

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