Leitsatz (amtlich)

Der öffentliche Glaube einer Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 09. Januar 2002 (BGBl I 361) erstreckt sich nicht auf darin aufgeführte Personalienangaben, welche allein auf den Bekundungen des Asylbewerbers beruhen.

 

Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts M: vom 27. August 2007 wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Nach dem Strafbefehl des Amtsgerichts S. vom 10.11.2006 liegt dem Angeklagten zur Last, er habe am 06.07.2004 bei der Außenstelle K. des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unter falschen Personalien Asyl in der Bundesrepublik Deutschland beantragt und am selben Tag von der Behörde eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung erhalten, welche auf die angegebenen falschen Personalien ausgestellt gewesen sei.

Das Amtsgericht S. sprach den Angeklagten mit Urteil vom 26.04.2007 vom Vorwurf der mittelbaren Falschbeurkundung frei. Die gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht M. als unbegründet verworfen. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision der Staatsanwaltschaft.

Das zulässige, von der Generalstaatsanwaltschaft vertretene Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

II.

Nach den Feststellungen des Landgerichts beantragte der Angeklagte am 06.07.2004 bei der Außenstelle K. des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge unter Angabe eines falschen Namens, eines unzutreffenden Geburtsdatums sowie eines falschen Geburtsortes Asyl in der Bundesrepublik. Die Nennung der falschen Personalien, insbesondere der falschen Nationalität, erfolgte vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte von dritter Seite darüber informiert worden war, dass er als Kameruner bessere Chancen habe, nicht abgeschoben zu werden, als dies bei der Angabe seiner wahren nigerianischen Staatsangehörigkeit der Fall gewesen wäre. Durch den zuständigen Sachbearbeiter der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in K. wurde - insoweit für das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge handelnd - noch am 06.07.2004 eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens gem. § 63 AsylVfG ausgestellt, wobei in diese die vom Angeklagten angegebenen falschen Personalien eingefügt wurden. Ein Hinweis dahingehend, dass die Personalangaben ausschließlich auf den eigenen Angaben des Inhabers beruhten und ein Identifikationsnachweis durch Originaldokumente nicht erbracht worden sei, enthielt die dem Angeklagten ausgestellte, mit seinem Lichtbild versehene Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens nicht. Die Aufenthaltsgestattung wurde in der Folgezeit mehrere Male verlängert. Erst nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrags durch das Verwaltungsgericht K. offenbarte der Angeklagte seine wahre Identität. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 25.04.2006 erstattete der Angeklagte gegenüber dem Polizeirevier S. Selbstanzeige.

III.

Der Freispruch hält einer rechtlichen Prüfung stand. Der Angeklagte hat sich nicht der mittelbaren Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, da nach der Änderung des Asylverfahrensgesetzes durch das am 01.01.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 09.01.2002 (BGBl I 361) Personalangaben, welche allein auf den Angaben des Asylbewerbers beruhen, in einer Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG nicht mehr von der Beurkundung im Sinne des § 271 Abs. 1 StGB umfasst sind.

1.

Wegen mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1 StGB strafbar macht sich, wer bewirkt, dass Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind. Tathandlung der mittelbaren Falschbeurkundung ist die gleichsam in mittelbarer Täterschaft herbeigeführte Beurkundung eines unwahren Sachverhalts in einer öffentlichen Urkunde (vgl. BGHSt 42, 131). Nicht jede in einer öffentlichen Urkunde enthaltene Angabe, welche ein Außenstehender durch Täuschung eines gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, kann aber Gegenstand einer Straftat nach § 271 Abs. 1 StGB sein. Beurkundet im Sinne dieser Vorschrift sind nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, d. h. die volle Beweiskraft für und gegen jedermann erstreckt. Welche Angaben das im Einzelfall sind, kann sich, wenn es an einer ausdrücklichen Regelung fehlt, mittelbar aus den gese...

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