Leitsatz (amtlich)

1. Nach Wegfall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung ist die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeitsgrenze für eine Preiswerbung noch weiter zurückgeschoben worden, so dass man sagen kann, das Unlauterkeitskriterium des übertriebenen Anlockens hat grundsätzlich ausgedient.

2. Wird bei einer Koppelung zweier Leistungsangebote mit der besonderen Preiswürdigkeit des einen Angebots geworben, darf der Preis des anderen Angebots nicht in der Darstellung untergehen, weil damit ein unzutreffender Eindruck über Preiswürdigkeit des gekoppelten Angebots vermittelt würde (Anschluss an BGH WRP 1999, 90, 93 – Handy für 0,00 DM).

3. Nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PreisangabenVO ist es erforderlich, dass die Angaben über die Kosten des einen Angebots (Stromliefervertrag) räumlich eindeutig dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für die andere, im Werbeprospekt angebotenen Ware (Fernsehgerät) zugeordnet sind.

 

Tatbestand

Die Klägerin, die ein Energieversorgungsunternehmen in Mannheim betreibt, nimmt die Beklagte, ein Handelsunternehmen für Elektro- und Elektronikgeräte wegen einer im September 1999 in Mannheim verbreiteten Werbebeilage auf Unterlassung in Anspruch. Unter der Überschrift „Zwei Knaller” bot die Beklagte darin an: „TV für 'ne Mark und günstiger Strom für 2 Jahre”. Das Fernsehgerät war in der Anzeige besonders herausgestellt und blickfangmäßig mit der Preisangabe „1.–” in Kombination mit dem Abschluss eines Stromlieferungsvertrags beworben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Angebot eines Fernsehgerätes in Koppelung mit dem Abschluss eines Stromlieferungsvertrages stelle eine unzulässige Zugabe sowie ein übertriebenes Anlocken des Publikums dar.

Die Beklagte ist dem Unterlassungsbegehren entgegengetreten. Sie hat die beworbene Kombinationsleistung für rechtlich unbedenklich gehalten. Es handele sich um ein einheitliches Angebot von der Art, wie es der angesprochene Verkehr insbesondere seit Einführung und Bewerbung von Mobiltelefonen seit einiger Zeit kenne.

Das Landgericht hat der Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Zugabeverordnung stattgegeben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, das beworbene Angebot könne nach Aufhebung der Zugabeverordnung nicht mehr gem. § 1 UWG untersagt werden. Insbesondere versage insoweit auch der Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens.

Die Klägerin tritt der Berufung entgegen. Das landgerichtliche Urteil sei auch nach Änderung der Gesetzeslage zutreffend. Der Klageanspruch finde in § 1 UWG eine Stütze, weil das Publikum durch die beanstandete Werbung unlauter angelockt werde. Eine unzulässige Koppelung liege vor, da beim Publikum Unklarheit über die bei Abschluss des Stromlieferungsvertrages anfallenden Entgelte herrsche; die Finanzierung des Fernsehgerätes durch Abschluss eines Zwei-Jahres-Vertrages auf Stromlieferung bleibe für die Werbeadressaten undurchsichtig.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten Werbebeilage nach Maßgabe des von der Beklagten im Berufungsrechtszug umgestellten Klageantrags verlangen.

1. Das Klagebegehren findet in der Zugabeverordnung nach deren Wegfall ebenso wenig eine Stütze wie in dem rechtlichen Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens.

Der Gesetzgeber hat mit der Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung den Freiraum erweitert, in dem Anbieter von Waren und Dienstleistungen mit Koppelungs- und Vorspannware werben dürfen. Soweit der Gewerbetreibende mittels der Werkreklame etwa durch die Ankündigung eines Gesamtangebotes die Aufmerksamkeit des Publikums zu wecken und einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen sucht, verstößt die dadurch erzielte Anlockwirkung nicht gegen den Leistungswettbewerb, sie ist vielmehr gewollte Folge des Leistungswettbewerbs. Das hat der Bundesgerichtshof schon vor dem Wegfall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung für die Abgabe des Mobiltelefons im Zusammenhang mit dem Netzkartenvertrag entschieden. Die besonders günstige Abgabe der einen Leistung (Mobiltelefon) werde vom Verkehr nur als Hinweis auf einen besonders günstigen, durch verschiedene Bestandteile geprägten Preis der angebotenen Gesamtleistung verstanden und somit als Hinweis auf die eigene Leistungsfähigkeit des Anbieters (BGH WRP 1999, 90, 92 – Handy für 0,00 DM; WRP 1999, 94 – Handy-Endpreis; WRP 1999, 509 – Kaufpreis je nur 1.– DM). Bei einem einheitlichen Angebot, wie im Streitfall, liegt hiernach in dem besonders günstigen Preis für einen Teil der angebotenen Gesamtleistung regelmäßig kein sittenwidrig übertriebenes Anlocken, da das angesprochene Publikum das Angebot nur als besonders günstige Leistung des Werbenden auffasst. Die hierdurch ausgelöste Aufmerksamkeitswirkung steht in Einklang mit dem Leistungswettbewerb, sie kann nicht wettbewerbswidrig sein (BGH WRP 1999, 94, 96 – Handy-Endpreis). Ein ...

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