Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 9 O 9/21)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 09.04.2021 - 9 O 9/21 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 27.01.2021 - 9 O 9/21 - wird aufgehoben.

2. Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Verfügungskläger auferlegt.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. - abgekürzte Sachverhaltsdarstellung gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO -

Der Verfügungskläger (fortan: Kläger) begehrt von der Verfügungsbeklagten (fortan: Beklagte) im Wege der einstweiligen Verfügung die Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen, die sich in dem Hausanwesen H. 8-12 in P. befinden.

Der Kläger und die W. W. GmbH & Co. KG (dortige Beklagte, fortan: Mieterin) schlossen am 27.01.2020 im Wege des § 278 Abs. 6 ZPO in dem Verfahren 9 O 186/17, Landgericht Karlsruhe, einen Vergleich (A 1). Danach bestand Einigkeit, dass die zwischen den Parteien des Vergleichs bestandenen Mietverhältnisse über die oben genannten Gewerberäume zum 31.12.2019 endeten. Die Mieterin verpflichtete sich, diese Räume zu räumen und an den Kläger herauszugeben. Der Kläger verzichtete auf die Geltendmachung des Räumungstitels bis längstens zum 31.12.2020, wenn und solange die Mieterin die in dem Vergleich vereinbarten monatlichen Zahlungen an den Kläger leistet, was bis zuletzt der Fall war.

Die Mieterin erhob im November 2020 gegen den Kläger Vollstreckungsgegenklage mit der Behauptung, sie habe sich inzwischen mit dem Kläger darauf verständigt, dass das bisherige Nutzungsverhältnis zu einem jährlichen Entgelt von 200.000 EUR brutto ab dem 01.01.2021 für zwei Jahre mit Verlängerungsoptionen fortgesetzt werde. Mit Urteil vom 15.02.2021 wies das Landgericht Karlsruhe (9 O 243/20) die Klage ab, weil es sich nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon habe überzeugen können, dass der Kläger auf eine Vollstreckung aus dem Räumungsvergleich verzichtet habe und/oder die Mieterin und der Kläger nach Abschluss des Vergleichs eine Fortsetzung des Miet- oder Nutzungsverhältnisses vereinbart hätten. In der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2021 vor dem Berufungsgericht (15 U 17/21, OLG Karlsruhe) erklärten die Parteien der Vollstreckungsgegenklage übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Beschluss vom 21.07.2021 hob das Berufungsgericht die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander auf, weil eine Ergänzung und Wiederholung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht ohne das erledigende Ereignis erforderlich gewesen wäre, deren Ergebnis ungewiss sei.

Nach den Angaben des Klägers erhielt dieser erstmals am 09.12.2020 die Information, dass die Mieterin die fraglichen Räume an die Beklagte untervermietet habe. Ob dem anwaltlichen Vertreter des Klägers das als Anlage B 1 vorgelegte Schreiben vom 20.03.2019, aus dem sich ergibt, dass die Beklagte seit 2016 Untermieterin sei, damals zuging, ist streitig.

Nachdem der Kläger die Vollstreckung aus dem Räumungsvergleich in Auftrag gegeben hatte, teilte die Gerichtsvollziehern der Mieterin mit Schreiben vom 13.01.2021 mit, dass sie die Räumung am 01.02.2021 vornehmen werde. Die Mieterin wies die Gerichtsvollzieherin darauf hin, dass die fraglichen Räume an die Beklagte untervermietet seien und ließ ihr unter dem 23.01.2021 den (angeblichen) entsprechenden Untermietvertrag übersenden. Der hierüber von der Gerichtsvollzieherin informierte Kläger hat daraufhin am 26.01.2021 beantragt, der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, die fraglichen Mieträume zu räumen und an den Kläger herauszugeben. Mit Beschluss vom 27.01.2021 hat das Landgericht dem Antrag ohne mündliche Verhandlung stattgegeben. Der Kläger hat hieraus am 17.03.2021 die Räumungsvollstreckung gegen die Beklagte betrieben.

Bereits zuvor, am 05.02.2021, hat die Beklagte Widerspruch eingelegt. Mit Rücksicht auf die inzwischen durchgeführte Räumungsvollstreckung erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, hilfsweise hat er die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung beantragt.

Mit Urteil vom 09.04.2021 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 27.01.2021 bestätigt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und die Zurückweisung des Antrags erstrebt. Ein Verfügungsanspruch bestehe entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht, weil sich der Kläger und die Mieterin darauf verständigt hätten, das Mietverhältnis ab 01.01.2021 für die Dauer von zwei Jahren zu einem jährlichen Mietzins von 200.000 EUR brutto nebst Verlängerungsoptionen fortzusetzen. Zu Unrecht habe das Landgericht auch einen Verfügungsgrund bejaht.

II. Die zulässige Berufung ist begründet. Sie führt in Abänderung des angefochtenen Urteils zur Aufhebung der einstweiligen Verfügu...

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