nicht revisibel

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff der Gefahr einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung beim Handeln mitversicherter Kinder (hier: fahrlässige Brandstiftung bei dem Versuch, zur Nachtzeit aus einem in einem dunklen Hausflur abgestellten Mofa Kraftstoff durch Absaugen zu entwenden)

 

Normenkette

AHB § 1 Nr. 1; BBR A Nr. 1

 

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Der 13 jährige Sohn der Versicherungsnehmerin versuchte sich für eine Spritztour mit einem Mofa Treibstoff dadurch zu verschaffen, dass er sich zur Nachtzeit in einen fremden Hausflur einschlich und aus dem Tank eines dort abgestellten Mofas Kraftstoff absaugte. Um besser sehen zu können, benutzte er ein Feuerzeug und setzt damit versehentlich ausgelaufenen Treibstoff in Brand. Im Haus entstand erheblicher Sachschaden.

Der beklagte Haftpflichtversicherer hat der Klägerin selbst Deckungsschutz für ihre Haftung als aufsichtspflichtiger Elternteil gewährt, Deckungsschutz für die Eigenhaftung des mitversicherten Sohnes jedoch abgelehnt.

Die Klage auf Deckungsschutz für den Sohn hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, hier habe sich keine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht und zudem sei der Risikoausschluss für Gefahren einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung einschlägig.

Die Berufung hat in vollem Umfang Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Feststellung, dass die Beklagte Deckungsschutz gewähren muss.

I.

Der Sohn der Klägerin wird gem. §§ 823 Abs. 1, 828 Abs. 2 Satz 1 BGB von den Geschädigten auf Ersatz des Brandschadens aus der fahrlässigen Brandstiftung vom 29.04.2000 in Anspruch genommen. Hierfür hat die Beklagte dem Sohn der Klägerin als Mitversicherten Deckungsschutz aus der von der Klägerin bei ihr abgeschlossenen Privathaftpflichtversicherung zu gewähren. Dem Versicherungsvertrag liegen die AHB sowie die „Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung privater Haftpflichtrisiken” (BBR) zugrunde. Versichert ist nach BBR A. Nr. 1. die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers – und der gemäß BBR A. Nr. 2.1.3 mitversicherten unverheirateten Kinder – aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme u.a. der Gefahren einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung.

1. Mit dem vom Sohn der Kläger fahrlässigen verursachten Brandschaden verwirklichte sich – entgegen der Auffassung des Landgerichts – eine Gefahr des täglichen Lebens (§ 1 Nr. 1 AHB, BBR A. Nr. 1). Dabei spielt es keine Rolle, dass der damals 13 Jahre alte Sohn das Schadensereignis herbeiführte, als er in einem fremden Hausflur zur Nachtzeit Benzin aus dem Tank eines Mofas entwenden wollte, dabei wegen der dort herrschenden Dunkelheit mit einem Feuerzeug hantierte und aus Unachtsamkeit ausgelaufenen Kraftstoff entzündete. Der Begriff „Gefahren des täglichen Lebens” dient in erster Linie der Abgrenzung der Privathaftpflichtversicherung vom Bereich der Haftpflichtversicherung für Beruf und Gewerbe (OLG Karlsruhe VersR 1988, 1175). Er ergibt keine Einschränkung des Versicherungsschutzes, die über die in BBR A. Nr. 1. genannten Ausnahmen hinausgeht (BGH VersR 1997, 1091; OLG Karlsruhe VersR 1997, 177).

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat sich hier auch keine Gefahr einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung verwirklicht. Die Risikoausschlussklausel BBR A Nr. 1 Satz 1 ist nicht bereits dann erfüllt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Ihre Geltung ist vielmehr auf die seltenen Ausnahmefälle beschränkt, in denen die schadensstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrerseits ungewöhnlich und gefährlich ist und deshalb in erhöhtem Maß die Gefahr der Vornahme schadensstiftender Handlungen in sich birgt. Lässt sich die schadensstiftende Handlung nicht in den Kreis einer allgemeinen Betätigung einordnen, die ihrerseits ungewöhnlich und gefährlich ist, so greift die Klausel nicht ein (BGH VersR 1996, 495; OLG Karlsruhe VersR 1997, 177). Entscheidend für den Risikoausschluss ist somit die Bestimmung der allgemeinen Betätigung im Zeitpunkt der schadensstiftenden Handlung, die im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu erfolgen hat (OLG Karlsruhe VersR 1995, 1297).

a) Es ist schon zweifelhaft, ob die allgemeine Tätigkeit auf den Vorgang der Entwendung des Benzins beschränkt werden kann. Möglicherweise muss die Entwendung im Rahmen einer weitergehenden Betätigung, nämlich der Nutzung eines Mofa und der hierfür erforderlichen Besorgung des Kraftstoffs gesehen werden. Eine solche Betätigung wäre bei Jugendlichen nicht ungewöhnlich. Dabei kommt es nicht selten auch zu Verstößen gegen die Rechtsordnung. Im vorliegenden Fall begannen diese schon damit, dass der Sohn der Klägerin altersbedingt gar nicht berechtigt war, ein Mofa zu führen. Da Kinder und Jugendliche gele...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge