Entscheidungsstichwort (Thema)

Auftragsrecht im Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Verhältnis zwischen Betreuer und Betreutem sind die Vorschriften des Auftragsrechts entsprechend anzuwenden.

2. Entnimmt der Betreuer bestimmte Geldbeträge dem Vermögen des Betreuten, so hat er diese gem. § 667 BGB an diesen herauszugeben, soweit er nicht nachweist, das das Geld im Rahmen der Betreuung bestimmungsgemäß verwendet worden ist.

3. Ob und inwieweit das VormG Abrechnungen des Betreuers beanstandet oder "genehmigt" hat, ist für Ansprüche des Betreuten ohne Bedeutung.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 16.08.2001; Aktenzeichen 7 O 59/00)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 16.8.2001 - 7 O 59/00 - im Kostenpunkt aufgehoben und in Ziff. 1 wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 66.633,64 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 16.8.2001 zu zahlen. Im Übrigen wird die Zahlungsklage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten beider Rechtszüge tragen der Kläger zu 1/20, der Beklagte zu 19/20.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 80.000 Euro, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann seinerseits eine eventuelle Vollstreckung des Beklagten im Kostenpunkt abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 500 Euro, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der im Jahr ... geborene Kläger und der Beklagte sind Brüder. Mit Beschluss vom 27.12.1990 ordnete das AG E. - VormG - Gebrechlichkeitspflegschaft für den Kläger an, wobei der Beklagte zum Pfleger bestellt wurde. Mit der Neuregelung des Pflegschaftsrechts ging die Pflegschaft am 1.1.1992 in eine Betreuung über. Mit Beschluss des VormG vom 26.2.1999 wurde der Beklagte als Betreuer entlassen. Gleichzeitig wurde Frau C.S. zur Betreuerin bestellt.

Während der Pflegschaft bzw. Betreuung hatte der Beklagte eine Vielzahl von wirtschaftlichen Angelegenheiten für den Kläger zu regeln. Es waren erhebliche Schulden zu regulieren. Der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers (Schäferei) wurde von dem Beklagten übergangsweise für mehrere Monate weitergeführt und anschließend verpachtet. Das landwirtschaftliche Grundstück des Klägers konnte von dem Beklagten schließlich günstig verkauft werden. Es gelang dem Beklagten, Ansprüche des Klägers aus einer Unfallversicherung und Rentenansprüche durchzusetzen und damit die wirtschaftliche Zukunft des Klägers zu sichern. Die Tätigkeit des Beklagten war unstreitig zumindest zeitweise mit erheblichem Zeitaufwand des Beklagten und vielen persönlichen Schwierigkeiten im Verhältnis zwischen den Brüdern verbunden.

Der Beklagte verfügte während der Betreuung über die Bankkonten des Klägers. Er entnahm in größerem Umfang Gelder vom Giro-Konto des Klägers und überwies mehrfach bestimmte Beträge auf sein eigenes Konto. Einen Teil der Barabhebungen verwendete der Beklagte während seines Zeitraums von mehreren Jahren unstreitig zur Auszahlung eines Taschengeldes i.H.v. 200 DM pro Woche an den Kläger.

Der Kläger, der im Rechtsstreit durch seine Betreuerin Frau C.S. vertreten wird, hat vor dem LG von dem Beklagten Rückzahlung eines erheblichen Teiles der Gelder verlangt, welche vom Konto des Klägers entnommen wurden. Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe die entnommenen Gelder offenbar mit seinem eigenen Vermögen vermischt. Im Ergebnis habe der Beklagte den überwiegenden Teil der entnommenen Gelder nicht für Aufwendungen zu Gunsten des Klägers sondern für eigene Zwecke verbraucht. Außerdem hat der Kläger mehrere Schadensersatzpositionen geltend gemacht (Rechnung Rechtsanwalt O. 600,30 DM, Stromkosten 2.485,13 DM und weitere Stromkosten 6.045,73 DM).

Der Beklagte hat jegliche Verwendung von Geldern des Klägers für eigene Zwecke bestritten. Aus diversen Abrechnungen, welche der Beklagte im Rahmen der Betreuung dem VormG vorgelegt habe, ergebe sich, dass sämtliche entnommenen Gelder für konkrete Aufwendungen zu Gunsten des Klägers verwendet worden seien. Mit entsprechenden Aufwendungsersatzansprüchen hat der Beklagte Aufrechnung erklärt. Da er eine Vielzahl vor Aufwendungen für den Kläger getätigt habe, seien nicht nur eventuelle Ansprüche des Klägers erloschen; vielmehr habe seinerseits der Beklagte noch Erstattungsansprüche ggü. dem Kläger.

Der Beklagte hat eingeräumt, er könne die Aufwendungen und die Zahlungen aus seinem eigenen Vermögen im Wesentlichen nicht durch geeignete Belege nachweisen. Daraus könne ihm im Rechtsstreit jedoch kein Nachteil erwachsen; denn der zuständige Rechtspfleger des VormG habe sämtliche Abrechnungen des Beklagten jeweils geprüft und nicht beanstandet. Die gesamte Verfahrensweise des Beklagten als Betreuer (Entnahmen vom Konto des Klägers, Aufwendungen ohne ...

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