Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 36t IN 732/05)

AG Heidelberg (Aktenzeichen 51 IN 46/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.12.2005; Aktenzeichen X ARZ 223/05)

 

Tenor

Das Verfahren wird dem BGH zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 31.1.2005 hat der Geschäftsführer der Schuldnerin beim AG Heidelberg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt, verbunden mit dem weiteren Antrag, das Verfahren an das für den Wohnsitz des Geschäftsführers örtlich zuständige Insolvenzgericht in Berlin zu verweisen. Zur Begründung hat der Geschäftsführer darauf hingewiesen, die im Handelsregister des AG Heidelberg eingetragene Schuldnerin habe ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, das Gewerbe ordnungsgemäß abgemeldet, die Geschäftsräume in Heidelberg aufgegeben und die Geschäftsunterlagen nach Berlin verbracht, um dort unter Einschaltung einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft prüfen zu lassen, ob durch Umstrukturierungsmaßnahmen ein Fortbestand möglich sei und falls dies nicht der Fall sein sollte, die Abwicklung, unter Einschluss eines Insolvenzverfahrens, vorzunehmen. Es sei sichergestellt, dass in Berlin jederzeit ein Ansprechpartner für Gläubiger, Behörden und sonstige Institutionen vorhanden sei und Zustellungen vorgenommen werden könnten. Da sich der Zeitraum für Sanierungsbemühungen nicht mit der Insolvenzantragsfrist decke, folge die Schuldnerin dem Rat der Wirtschaftsberatungsgesellschaft, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Der Geschäftsführer der Schuldnerin hat gleichzeitig die Auffassung vertreten, das für den Wohnsitz des Geschäftsführers örtlich zuständige Gericht sei für das Insolvenzverfahren zuständig selbst dann, wenn der Verwaltungssitz einer Gesellschaft lediglich zur Vorbereitung und Durchführung des Insolvenzverfahrens verlegt werde. Der Antrag auf Verweisung sei rechtlich zulässig, da in Berlin alle maßgeblichen Entscheidungen für die Schuldnerin getroffen würden und eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit erfolge. Der Geschäftsführer der Schuldnerin hat auf verschiedene "aktive Abwicklungstätigkeiten" hingewiesen, welche von Berlin aus erledigt würden. Hierzu gehöre insb. die Abwicklung bestehender Leasingverträge und Versicherungen, die in der Antragsbegründung im Einzelnen konkretisiert werden. Der Geschäftsführer hat dem Antrag im Übrigen eine Aufstellung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin beigefügt (ca. 230.000 EUR Verbindlichkeiten ggü. Lieferanten und Sonstigen; ca. 112.500 EUR Verbindlichkeiten ggü. Banken; kein Vermögen).

Das AG Heidelberg hat einen Handelsregisterauszug eingeholt, aus dem sich ergibt, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin am 21.1.2005 im Register eingetragen worden ist. Am gleichen Tag ist die frühere Geschäftsführerin ausgeschieden.

Mit Beschl. v. 8.2.2005 hat sich das AG Heidelberg im Insolvenzverfahren für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das AG Charlottenburg in Berlin verwiesen. Eine weiter gehende Begründung enthält der Beschluss nicht.

Mit Beschl. v. 15.2.2005 hat sich das AG Charlottenburg seinerseits für örtlich nicht zuständig erklärt und das Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit dem OLG Karlsruhe vorgelegt. Das AG Charlottenburg weist darauf hin, es liege ein Fall einer sog. "gewerbsmäßigen Unternehmensbestattung" vor. Diese begründe keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 2 InsO. Die bloße Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen in Berlin reiche allein für die Annahme einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit nicht aus. Es bestehe der Verdacht, dass Anteilsübertragung und Geschäftsführerwechsel bei der Schuldnerin ausschließlich erfolgt seien, um Gläubigerinteressen zu verletzen. Der typische Geschehensablauf spreche dafür, dass es sich um einen Versuch der Zuständigkeitserschleichung handele. Der Verweisungsbeschluss des AG Heidelberg erscheine objektiv willkürlich und sei daher nicht bindend.

Die Schuldnerin hat vor der Entscheidung des Senats mit Schriftsatz vom 2.5.2005 Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Schriftsatz verwiesen.

II. Das Verfahren ist dem BGH zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 3 ZPO vorzulegen. Nach Auffassung des Senats ist gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO das AG Charlottenburg zuständig. Der Senat ist an einer eigenen Entscheidung jedoch gehindert, da die Entscheidung in verschiedenen Rechtsfragen von den Entscheidungen anderer OLG abweichen würde (§ 36 Abs. 3 ZPO).

1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das AG Heidelberg als auch das AG Charlottenburg haben sich i.S.v. § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt. Die Zuständigkeit des OLG Karlsruhe im Bestimmungsverfahren ergibt sich aus § 36 Abs. 2 ZPO.

2. Örtlich zuständig für das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin ist das AG Charlottenburg. Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO i.V.m. § 4 InsO. Das AG Heidelber...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge