Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung Schweizer betriebliche Rentenanwartschaften im deutschen Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein gerichtlich angeordneter unmittelbarer oder mittelbarer Zugriff auf das Freizügigkeitsguthaben bei einer Schweizer Pensionskasse, insbesondere eine Verpflichtung des versicherten Ehegatten zur hälftigen Übertragung der während der Ehezeit erworbenen Freizügigkeitsleistung auf den anderen Ehegatten, kommt gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 1 S. 1 VersAusglG nicht in Betracht.

2. Die eventuell bestehende Möglichkeit, in einem ergänzenden Schweizer Gerichtsverfahren eine dingliche Teilung der Schweizer betrieblichen zu erreichen, ist jedenfalls auf der derzeit geltenden Schweizer Rechtsgrundlage nicht in die Abwägung nach § 23 VersAusglG einzustellen.

3. Die Möglichkeit der Ratenzahlung nach § 23 VersAusglG darf nicht zu einer langjährigen Erbringung von monatlichen Zahlungen aus dem Einkommen führen.

 

Verfahrensgang

AG Lörrach (Beschluss vom 13.05.2013)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.06.2016; Aktenzeichen XII ZB 514/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Endbeschluss des AG - Familiengericht - Lörrach vom 13.05.2013 in Ziff. 1 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird verpflichtet, zum teilweisen Ausgleich seines Anrechts bei der Schweizer Pensionskasse M. in die für die Antragsgegnerin bestehende Rentenversicherung bei der V. einen Gesamtbetrag von 28.000 EUR einzuzahlen. Der Antragsteller erhält die Möglichkeit, einen Teil des Betrages in Höhe von 18.000 EUR in monatlichen Raten von 1.000 EUR, jeweils zum 3. Werktag eines jeden Monats, beginnend mit November 2015, zu zahlen. Der darüber hinausgehende Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung einer Abfindung wird zurückgewiesen.

Im Übrigen findet ein Versorgungsausgleich bei der Scheidung nicht statt. Ausgleichsansprüche nach der Scheidung bleiben vorbehalten.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.440 EUR festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die beteiligten Ehegatten streiten um die Zumutbarkeit eines Anspruchs auf Abfindung gem. § 23 VersAusglG.

Der Antragsteller ist geboren am... 1954, die Antragsgegnerin am... 1957. Beide sind deutsche Staatsangehörige. Der Antragsteller lebt und arbeitet in der Schweiz, die Antragsgegnerin in Deutschland. Die am 04.08.1979 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten wurde mit Scheidungsbeschluss des AG - Familiengericht - Lörrach vom 27.09.2012 geschieden. Die Folgesache Versorgungsausgleich wurde vom Verbund abgetrennt. Der Scheidungsantrag war am 31.12.2007 zugestellt worden.

Während der für den Versorgungsausgleich relevanten Ehezeit vom 01.08.1979 bis 30.11.2007 haben die Ehegatten folgende Rentenanwartschaften erworben:

Antragsteller:

1. D.: In der allgemeinen Rentenversicherung ein Anrecht mit einem Ausgleichswert von 3,0260 Entgeltpunkten mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 17.756,91 EUR (I 299 VA).

2. Anwartschaften bei der gesetzlichen Rentenversicherung der Schweiz (AHV und IV), deren Höhe der Sachverständige V. mit einer monatlichen Alters- und Invalidenrente in (hälftiger) Höhe von 577,50 CHF bewertet hat (I 121 VA). Bei Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 4,5 % ergibt sich daraus ein korrespondierender Kapitalwert von 67.934,79 CHF (vgl. Gutachten vom 18.04.2011 S. 7, I 325 VA, in dem allerdings nicht mit CHF, sondern mit dem umgerechneten Eurobetrag gerechnet wird).

3. Schweizer Pensionskasse M.: Eine Rentenanwartschaft aus der betrieblichen Altersversorgung. Die Hälfte der von der Rentenkasse mitgeteilten (I 127 VA) Freizügigkeitsleistung beträgt 247.429,12 CHF (die Hälfte der Freizügigkeitsleistung aus der Obligatorischen Vorsorge von 448.718,20 CHF und der Freizügigkeitsleistung aus der Weitergehenden Vorsorge von 46.140,05 CHF).

Antragsgegnerin:

1. D.: In der allgemeinen Rentenversicherung eine Anwartschaft mit einem Ausgleichswert von 9,7503 Entgeltpunkten mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 57.215,85 EUR (I 277 VA).

2. Bei der Z. eine Anwartschaft mit einem Ausgleichswert von 31,82 Versorgungspunkten und einem korrespondierenden Kapitalwert von 13.954,43 EUR (I 267 VA).

Mit dem angefochtenen Endbeschluss vom 13.05.2013 hat das Familiengericht den Antragsteller verpflichtet, die Hälfte seiner während der Ehezeit bei der Schweizer Pensionskasse M. erworbenen Freizügigkeitsleistung, somit 247.429,12 CHF, auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Im Übrigen hat es ausgesprochen, dass ein Versorgungsausgleich bei der Scheidung nicht stattfinde und Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass hinsichtlich der Ansprüche des Antragstellers bei der Pensionskasse M. der Ab...

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