Leitsatz (amtlich)

Zum Ausschluss des Umgangs, wenn nur ein begleiteter Umgang in Betracht kommt, der Umgangsberechtigte hieran aber kein ernsthaftes Interesse zeigt.

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Aktenzeichen 2 F 1239/22)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Mutter wird Ziffer 1 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 11.01.2023, Az. 2 F 1239/22, wie folgt abgeändert und neu gefasst:

In Abänderung der vor dem Amtsgericht Mannheim, Az. 2 F 1191/22, am 14.02.2022 geschlossenen Vereinbarung wird der Umgang des Vaters mit dem Kind E. R., geboren am ..., bis zum 31.01.2024 ausgeschlossen.

2. Für jeden Fall der zu vertretenden Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Regelung des Umgangsrechts kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld in Höhe von jeweils bis zu 25.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft für eine Dauer von bis zu 6 Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung von Ordnungsgeld keinen Erfolg, so kann das Gericht sofort Ordnungshaft für eine Dauer von bis zu 6 Monaten anordnen. Weiterhin kann das Gericht zur Vollstreckung unmittelbaren Zwang anordnen, wenn die Festsetzung von Ordnungsmitteln erfolglos geblieben ist, die Festsetzung von Ordnungsmitteln keinen Erfolg verspricht oder eine alsbaldige Vollstreckung unbedingt geboten erscheint.

3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen beide Elternteile jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Mutter) wendet sich gegen die Anordnung begleiteter Umgänge des Vaters mit der gemeinsamen Tochter.

Die beteiligten Eltern leben jedenfalls seit April 2021 getrennt. Aus der Ehe ist das Kind E. R. (geb. K., im Folgenden: E.), geboren am ..., hervorgegangen. E. hat seit der Trennung ihren Lebensmittelpunkt bei der Mutter. Der letzte persönliche Kontakt mit dem Vater fand im Mai 2021 statt.

Der Vater, der irakischer Staatsangehöriger ist, war im Irak zur Schule gegangen und dort dann als Profifußballspieler tätig, bevor er für zwei Jahre zur kurdischen Armee ging. Im Jahr 2015 kam er nach Deutschland und absolvierte hier eine Ausbildung zum Maschinenführer. Er ist weiterhin in diesem Beruf tätig und besitzt nach eigenen Angaben seit 7 Jahren eine Duldung, die alle sechs Monate verlängert wird. Seine Familie lebt überwiegend im Irak, lediglich ein Bruder lebt in Homburg, ein Cousin lebt in Mannheim.

Das Scheidungsverfahren zwischen den Beteiligten war beim Amtsgericht Mannheim, Az. 2 F 2842/21, anhängig. Inzwischen sind sie rechtskräftig geschieden.

Am 04.02.2022 beantragte der Vater beim Amtsgericht Mannheim (Az. 2 F 1191/22) eine einstweilige Anordnung zur Regelung des Umgangs. Die Mutter machte dort geltend, dass der Vater ihr gegenüber in der Vergangenheit gewalttätig geworden sei. Er habe zudem gedroht, E. in den Irak zu entführen, und bei einem Gespräch im April 2021 auf die Aussage der Mutter, dass E. zukünftig auch andere Männer als "Ersatzvater" betrachten könne, für diesen Fall mit einem "Blutvergießen" gedroht.

In diesem Verfahren trafen die Kindeseltern in der mündlichen Verhandlung am 14.02.2022 folgende, gerichtlich gebilligte Vereinbarung:

§ 1 Die Kindeseltern sind sich einig, dass der Umgangskontakt des Kindesvaters mit dem gemeinsamen Kind E. K., geboren am ..., über den Kinderschutzbund angebahnt werden soll.

Die Kindeseltern verpflichten sich hierzu, sich innerhalb von drei Tagen beim Kinderschutzbund Mannheim e.V. telefonisch zu melden, unter Angabe des hiesigen Aktenzeichens sowie Nennung einer Anschrift sowie der eigenen Telefonnummern zur weiteren Terminvereinbarung.

Die Kindeseltern sind sich einig, dass die Umgangskontakte begleitet werden und hierbei ausschließlich Deutsch gesprochen wird.

Die Kindeseltern sind sich insoweit einig, dass hierdurch eine zusätzliche Belastung durch einen Dolmetscher für das Kind vermieden werden soll.

§ 2 Der Kindesvater verpflichtet sich, nach Rücksprache mit seiner Verfahrensbevollmächtigten, sich um eine Anbindung zum Verein "Jedermann e.V." zu kümmern.

[...]

Mit Beschluss vom 30.03.2022 übertrug das Amtsgericht Mannheim in einem weiteren Verfahren, Az. 2 F 2308/21, der Mutter die alleinige elterliche Sorge für E., da es den Eltern an einem Mindestmaß an Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft fehle.

Die Staatsanwaltschaft Mannheim erhob gegen den Vater am 05.09.2022 Anklage zum Amtsgericht Mannheim (Az. 32 Ds 310 Js 37145/21) wegen Körperverletzung in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung jeweils zum Nachteil der Mutter. Ihm wurde vorgeworfen:

  • am 12.08.2019 der Mutter einen heftigen Schlag mit der flachen Hand auf das linke Ohr versetzt zu haben, wodurch die Geschädigte eine Perforation des linken Trommelfells erlitt, die zu einer bleibenden mittelgradigen Schwerhörigkeit auf dem linken Ohr führte
  • am 09.06.2020 gegen 3:00 Uhr der im Bett liegenden Mutter, welche zu...

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