Leitsatz (amtlich)

Ein Handelsvertreter, der kraft vertraglicher Regelung nur -hauptberuflich- für den Unternehmer tätig sein darf, ist als sog. Einfirmenvertreter i.S.v. § 5 Abs. 3 ArbGG, bzw. 92a Abs. 1 HGB anzusehen.

 

Normenkette

ArbGG § 5 Abs. 3; HGB § 92a Abs. 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 14.08.2012; Aktenzeichen 3 O 38/12)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Karlsruhe vom 14.8.2012 (3 O 38/12) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.367 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

Sie schlossen am 8.8.2006 mit Wirkung zum 1.9.2006 einen "X- Consultant-Vertrag". Nach § 1 des Consultant-Vertrages ist der Consultant als selbständiger Gewerbetreiber i.S.v. §§ 84 ff. HGB tätig und in der Bestimmung des Ortes und der Zeit seiner Tätigkeit frei. Der Consultant darf gem. § 2 des Vertrages hauptberuflich nur für die Klägerin tätig sein und nur deren Dienstleistungen und die von ihr freigegebenen Finanzprodukte vermitteln; eine Beteiligung - gleichgültig welcher Art - an Konkurrenzunternehmen ist ihm mit Ausnahme des Erwerbs börsengängiger Wertpapiere untersagt. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die in Kopie zu den Akten gereichte Vertragsurkunde Bezug genommen (K 1).

Mit Schreiben vom 28.3.2011 kündigte der Beklagte den Consultant-Vertrag zum 31.3.2011 (K 2). Die Klägerin "bestätigte" die Kündigung zum 1.7.2011. Darüber, dass das Vertragsverhältnis somit zum 1.7.2011 geendet hat, besteht kein Streit. Der Beklagte entfaltete seit Ausspruch der Kündigung keine Tätigkeiten mehr für die Klägerin.

Mit ihrer beim LG erhobenen Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen i.H.v. 10.103,34 EUR nebst Zinsen und Kosten.

Das LG hat den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig angesehen und den Rechtsstreit an das ArbG verwiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.

II. Die gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 567 Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§§ 569 Abs. 1 und Abs. 2, 571, 572 ZPO) sofortige Beschwerde ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen.

Der von der Klägerin bestrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet. Vielmehr ist im Streitfall die Zuständigkeit der ArbG gem. § 5 Abs. 3 ArbGG begründet.

1. Allerdings ergibt sich entgegen der Auffassung des Beklagten die Zuständigkeit der ArbG nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a), § 5 Abs. 1 ArbGG.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a) ArbGG sind die ArbG ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Um eine solche Rechtsstreitigkeit handelt es sich hier nicht. Der Beklagte leitet seine Rechtsauffassung ausschließlich aus den Bestimmungen des oben genannten Vertrages her (s. Seiten 3 ff. der Klagerwiderung). Der Senat teilt diese Rechtsauffassung nicht. Vielmehr sind die Bestimmungen des Consultant-Vertrages in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW-RR 2011, 1255 unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zum Consultant-Vertrag der Klägerin) dahin zu würdigen, dass der Beklagte für die Klägerin nicht als Arbeitnehmer, sondern als Handelsvertreter tätig war.

2. Die Zuständigkeit der ArbG ergibt sich im Streitfall aber aus § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG.

Nach dieser Bestimmung gelten Handelsvertreter nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn sie während der letzten 6 Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 EUR aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Aufwendungsersatz bezogen haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a) Die Consultants der Klägerin sind als sog. Einfirmenvertreter i.S.v. § 5 Abs. 3 ArbGG anzusehen.

Einfirmenvertreter ist nach § 92a HGB derjenige Handelsvertreter, dem die Tätigkeit für einen anderen Unternehmer entweder aufgrund seines Handelsvertretervertrags verboten ("Einfirmenvertreter kraft Vertrags") oder wegen Art und Umfang der von ihm geschuldeten Dienstleistungen tatsächlich nicht möglich ist ("Einfirmenvertreter kraft Weisung"). Im Fall des "Einfirmenvertreters kraft Vertrags" muss der Handelsvertretervertrag eine weitere gewerbliche Betätigung ausdrücklich untersagen oder von einer Genehmigung des Unternehmers abhängig machen. Nur mittelbar wirkende vertragliche Einschränkungen einer weiteren Betätigung wie ein Wettbewerbsverbot oder das Gebot, die volle Arbeitskraft der Erfüllung des Vertrags zu widmen, begründen die Eigenschaft als Einfirmenvertreter kraft Ver...

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