Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Klage gegen eine Anwaltskanzlei ist durch Auslegung der Klageschrift zu ermitteln, ob die Anwaltskanzlei als Gesellschaft bürgerlichen Rechts Beklagte sein soll, oder die einzelnen Partner der Kanzlei als natürliche Personen.

2. Die Bezeichnung "GbR" im Rubrum einer Klageschrift deutet im allgemeinen darauf hin, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Partei sein soll, und nicht etwa die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft.

3. Die Angabe des gesetzlichen Vertreters einer GbR ist im Rubrum einer Klageschrift zwar sinnvoll, um eine Zustellung der Klageschrift an den gesetzlichen Vertreter zu ermöglichen. Zur Klarstellung der Parteiidentität (Klage gegen die GbR statt einer Klage gegen die Mitglieder der Gesellschaft) ist die Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters hingegen in der Regel nicht erforderlich.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Beschluss vom 06.02.2007; Aktenzeichen 6 O 26/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Mannheim vom 6.2.2007 - 6 O 26/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 337,22 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Rechtsanwältin vom 17.3.2006 Klage zum LG Mannheim erhoben gegen

"Rechtsanwälte Dr. jur. K.W.H. ' Hu.H. ' S.H. & Partner GbR,....".

Bei der Anwaltskanzlei Dr. H. & Partner handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die aus den Partnern (Gesellschaftern) Dr. jur. K.W.H. ' Hu. H. und S.H. besteht.

Mit Beschluss vom 4.10.2006 hat das LG Mannheim das Zustandekommen eines verfahrensbeendenden Vergleichs festgestellt. Hinsichtlich der Kosten heißt es in dem Vergleich:

"2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte ¼ und die Klägerin ¾."

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.2.2007 hat die Rechtspflegerin des LG Mannheim die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf Grund dieses Vergleichs auf 1.234,46 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie beanstandet, das die Rechtspflegerin auf Beklagtenseite beim Kostenausgleich eine Erhöhungsgebühr gem. Nr. 1008 RVG-VV i.H.v. 387,60 EUR netto (bzw. 449,62 EUR brutto) nicht berücksichtigt habe. Beklagte des Rechtsstreits sei nicht die betroffene Anwaltskanzlei als Gesellschaft bürgerlichen Rechts; vielmehr habe sich die Klage gegen die drei einzelnen Gesellschafter der Anwaltskanzlei persönlich gerichtet. Partei des Rechtsstreits seien auf Beklagtenseite mithin drei natürliche Personen und nicht etwa nur eine einzige juristische Person (die Anwaltskanzlei als Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Mithin seien die Grundsätze gem. Nr. 1008 RVG-VV anwendbar (mehrere Personen als Auftraggeber), woraus sich die Berechtigung der Erhöhungsgebühr ergebe.

Die Beklagte weist auf verschiedene Umstände hin, aus denen sich die Parteiidentität auf Beklagtenseite ergebe. Dass die Klägerin ihre Klage nicht gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sondern gegen die einzelnen Gesellschafter gerichtet habe, ergebe sich insbesondere daraus, dass in der Klageschrift keine gesetzliche Vertretung für die Beklagte angegeben worden sei, was nach Auffassung der Beklagten bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Partei erforderlich gewesen wäre. Außerdem habe die Klägerin in ihrer Klageschrift beantragt, "die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen", was nur bei mehreren Beklagten einen Sinn ergebe.

Die Rechtspflegerin des LG Mannheim hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Parteien hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet. Die Beklagte kann zwar als Anwaltskanzlei gem. § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO auch bei einer Tätigkeit in eigener Sache im vorliegenden Rechtsstreit entsprechende Anwaltsgebühren im Rahmen der Kostenfestsetzung verlangen. Die Beklagte hat hierbei jedoch keinen Anspruch auf Berücksichtigung einer Erhöhungsgebühr gem. Nr. 1008 RVG-VV. Die Rechtspflegerin hat die von der Beklagten geltend gemachte Erhöhungsgebühr bei der Kostenfestsetzung zu Recht abgesetzt. Es ist keine Erhöhungsgebühr für mehrere Auftraggeber im Sinne von Nr. 1008 RVG-VV angefallen. Denn auf Beklagtenseite war im Rechtsstreit nur eine juristische Person, nämlich die Anwaltskanzlei Dr. H. & Partner in ihrer Eigenschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, beteiligt, und nicht etwa die einzelnen Rechtsanwälte als natürliche Personen.

1. Wer Partei eines Rechtsstreits ist, wird grundsätzlich durch die entsprechende Bezeichnung in der Klageschrift festgelegt. Bei unklaren oder ungenauen Parteibezeichnungen ist eine Auslegung erforderlich. Es kommt darauf an, gegen welche Person die Klage erkennbar gerichtet werden sollte (vgl. Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 26. Aufl. 2007, vor § 50 ZPO Rz. 6, 7). Vorliegend war die Klage erkennbar ...

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