Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht

 

Normenkette

Brüssel IIa-VO Art. 8 Abs. 1; BGB § 162a

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Beschluss vom 16.05.2011; Aktenzeichen 10 F 85/11)

 

Tenor

rechtskräftig seit 30.8.2011

1. Die Beschwerde der Bet. zu 3 und die Anschlussbeschwerde des Bet. zu 2 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Mannheim vom 16.5.2011 - 10 F 85/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Bet. zu 2 und 3 je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Beschwerdewert: 3.000 EUR

4. Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Bet. zu 2 und 3 streiten um die elterliche Sorge für den Bet. zu 1.

Die Bet. zu 3, bulgarischer Staatsangehörigkeit, und der Bet. zu 2, deutscher Staatsangehörigkeit, die nicht miteinander verheiratet waren oder sind, sind die Eltern des Kindes T., geb. am. 2005 (Bet. zu 1), das über die bulgarische und die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt.

Der Bet. zu 2 ist von der Ausbildung her Diplom-Psychologe. Er war im Bereich Entwicklungshilfe (Ausbildung/Erwachsenenbildung) tätig und hielt sich dadurch länger im Ausland auf. Seit Mai 2010 ist er Hausmann und lebt in E. zusammen mit seinen Eltern in einer 6-Zimmer-Wohnung.

Die Bet. zu 3 verfügt über zwei Universitätsabschlüsse als Volkswirtin (Uni B.) und in Tourismus (Uni V./B.). Sie ist (ebenfalls) im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tätig, bei der ... (G.) GmbH, derzeit bis 30.9.2011 in der Niederlassung M.; der Hauptsitz der G. befindet sich in B..

Als T. am ... geboren wurde, hatten beide Eltern - beruflich bedingt - ihren Wohnsitz in S. Der Bet. zu 2 hat die Vaterschaft am 7.9.2005 anerkannt. Die Bet. zu 3 hat der Vaterschaftsanerkennung vor der Konsularbeamtin der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in S. am 30.9.2005 zugestimmt. Zugleich wählten die Eltern als gemeinsame Inhaber der elterlichen Sorge für die Namensführung des Kindes T. das deutsche Recht. Nach Art. 68 bulgFamGB haben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam inne; eine Unterscheidung nach ehelichen und nichtehelichen Kindern besteht insoweit nicht.

Die Bet. zu 1 bis 3 lebten bis zum 16.10.2005 in B. und anschließend in S. Vor der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad erklärten sie am 24.10.2005, dass sie gemeinsam in einer ernsthaften Beziehung lebten, die auch ohne Trauschein den Ansprüchen einer formell geschlossenen Ehe genüge und führten als zusätzliche Bestätigung die Geburt T. an. Am 28.2.2009 kehrten die Bet. zu 1 bis 3 nach Deutschland zurück, wo sie gemeinsam in P. lebten. Mitte Dezember 2009 trennten sich die Bet. zu 2 und 3; die Bet. zu 3 zog mit T. nach M.. T. lebt seitdem im Haushalt der Bet. zu 3. Der Ferien- bzw. Sonderumgang 2010 zwischen T. und dem Bet. zu 2 wurde durch gerichtliche Vereinbarung geregelt; daneben besteht ein im Wesentlichen funktionierender Wochenendumgang des Bet. zu 2 mit T. im 2-Wochen-Rhythmus. Ob der Bet. zu 2 hinsichtlich des Umgangs seitens der Bet. zu 3 (durch Vorenthalten von Kontakten) unter Druck gesetzt wurde, ist zwischen den Eltern umstritten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 7.7.2011 informierte die Bet. zu 3 den Bet. zu 2 darüber, dass sie - im Hinblick auf ihr befristetes Arbeitsverhältnis - beabsichtige, mit T. ihren Wohnsitz in den Sommerferien 2011 nach B. zu verlegen. Die Bet. zu 2 hat ab August 2011 in B. eine Wohnung angemietet und T. zu Anfang August in B. auch bereits angemeldet.

Vor dem AG beantragte der Bet. zu 2 die Feststellung des gemeinsamen Sorgerechts, hilfsweise (unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG FamRZ 2010, 1403) die Übertragung des Sorgerechts auf die Eltern gemeinsam. Die Bet. zu 3 trat diesen Anträgen entgegen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird ergänzend auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 16.5.2011, der Bet. zu 3 übermittelt am 26.5.2011, stellte das AG fest, dass die elterliche Sorge für den Bet. zu 1 den Bet. zu 2 und 3 gemeinsam zusteht. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bet. zu 3 vom 15.6.2011.

Die Bet. zu 3 trägt insbesondere vor, das KSÜ sei erst zum 1.1.2011 in Deutschland in Kraft getreten. Seit diesem Tag habe sich der Aufenthalt T. in Deutschland nicht geändert. Auf eine etwaigen Aufenthaltswechsel vor dem 1.1.2011 komme es nicht an. Die Frage der elterlichen Sorge bestimme sich nach deutschem Recht. Ein gewöhnlicher Aufenthalt T. in B. habe nicht bestanden, da er im Alter von 6 Wochen bereits nach S. umgezogen sei. Zudem könne sich der Feststellungsantrag nicht gegen die Bet. zu 3, sondern allenfalls gegen das Kind richten.

Die Bet. zu 3 beantragt, den Beschluss des AG vom 16.5.2011 aufzuheben.

Der Bet. zu 2 beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und - im Wege der Anschlussbeschwerde - das Aufenthaltsbestimmungsrecht für T. - bei im Übrigen weiter bestehender gemeinsamer elterlicher Sorge - auf den Bet. zu 2 zu übertragen.

Er verweist insbeso...

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