Leitsatz (amtlich)

1. Die Vorschriften der §§ 1616 ff. BGB gelten nur für den Geburtsnamen, also den Nachnamen des Kindes, nicht für den Vornamen.

2. Die gemeinsame Bestimmung des Geburtsnamens durch die Eltern gem. § 1617 BGB setzt voraus, dass bei Geburt des Kindes gemeinsames Sorgerecht bestand. Bei späterer Herstellung der gemeinsamen Sorge sind die Vorschriften der §§ 1617a und 1617b BGB anzuwenden.

 

Verfahrensgang

AG Villingen-Schwenningen (Beschluss vom 29.09.2015; Aktenzeichen 4 F 151/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Vaters wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 29.09.2015 abgeändert, in Ziff. 2 des Tenors aufgehoben und in Ziff. 1 des Tenors wie folgt neu gefasst:

Eine gerichtliche Entscheidung über das Namensbestimmungsrecht ist nicht erforderlich.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen Mutter und Vater je zur Hälfe; außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

4. Der Mutter wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt R. bewilligt.

5. Dem Vater wird Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. bewilligt.

 

Gründe

I. Die beteiligten Eltern streiten um die Übertragung des Bestimmungsrechts für den Namen des gemeinsamen Kindes.

Die Mutter und der Vater sind Eltern eines gemeinsamen Kindes, das am xx. 2014 geboren worden ist. Der Vater ist Inhaber eines algerischen Reisepasses, die Mutter ist serbische Staatsangehörige.

Aufgrund der Angaben der Eltern fertigte die Geburtsklinik auf Grundlage der übereinstimmenden mündlichen Angaben der Eltern eine Geburtsanzeige, in der als Name für das Kind A. B. angegeben ist. Diese Geburtsanzeige wurde von den Eltern nicht unterschrieben. Zu diesem Zeitpunkt lebten die Eltern zusammen und waren sich einig, dass der Name des gemeinsamen Kindes wie bezeichnet lauten sollte. Mit Datum vom 23.01.2015 erfolgte gegenüber dem Jugendamt Villingen-Schwenningen sowohl die Anerkennung der Vaterschaft mit Zustimmungserklärung der Mutter wie auch eine Erklärung über die Ausübung der gemeinsamen Sorge. In beiden Urkunden ist der Name des Kindes mit A. B. bezeichnet. Das Jugendamt hat diese Urkunden bestimmungsgemäß an das zuständige Standesamt weitergeleitet.

Kurze Zeit darauf trennten sich die Eltern. Mittlerweile möchte die Mutter dem Vornamen A. den weiteren Vornamen J. anfügen und dem Kind nicht den Namen des Vaters B., sondern ihren eigenen Familiennamen geben. Die Mutter ist geboren mit dem Nachnamen J. Sie führt auch einen 2013 ausgestellten aktuellen serbischen Reisepass auf diesen Namen (I, 11). Allerdings hat sie am 01.03.2002 in Tuttlingen mit einem Herrn P. die Ehe geschlossen und dabei das jugoslawische Namensrecht gewählt (I, 21). Die Ehe wurde im Jahre 2005 rechtskräftig durch das AG Tuttlingen geschieden (I, 23).

Der Vater möchte, dass der Name des Kindes A. B. lautet. Er trägt vor, er sei algerischer Staatsangehöriger. Er ist Inhaber eines algerischen Passes, der zunächst nur bis 2013 galt (II, 35). Am 13.10.2015 wurde er erneuert mit Gültigkeit bis 23.11.2015. (II, 31). Außerdem hat der Vater dem Standesamt eine algerische Geburtsurkunde in arabischer und französischer Fassung vorgelegt, allerdings ohne Übersetzung und ohne Legalisation durch die Deutsche Botschaft.

Mit Schreiben vom 23.06.2015 (I, 1) hat das Standesamt Villingen-Schwenningen angeregt, nach § 1617 Abs. 2 BGB das Namensbestimmungsrecht auf die Mutter zu übertragen.

Der Vater ist dem Antrag entgegen getreten (I, 52 und I, 77). Die Eltern hätten sich bei Geburt auf den Namen geeinigt, eine Änderung sei nicht gerechtfertigt.

Das Jugendamt stimmt in seiner Stellungnahme dem Vater zu (I, 95).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.09.2015 hat das Familiengericht das Namensbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen, da diese die persönlich verlässlichere Person sei, insbesondere sei die Staatsangehörigkeit des Vaters ungeklärt. Der Beschluss wurde dem Vater am 05.10.2015 zustellt (I, 137).

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Vaters mit Anwaltsschriftsatz vom 06.10.2015, eingegangen beim Familiengericht am 06.10.2015 (II, 3). Der Vater sei nicht unzuverlässig.

Der Senat hat den Beteiligten mit Hinweisbeschluss vom 23.12.2015 (II, 59) rechtliche Hinweise gegeben. Die Beteiligten haben im Beschwerdeverfahren Stellung genommen.

Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die Beschwerde des Vaters ist entsprechend dem bereits erwähnten Hinweisbeschluss des Senats zulässig und begründet. Die umfangreiche Stellungnahme des Standesamts steht dem nicht entgegen.

A. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 8 Abs. 1 EuEheVO, da das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.

B. Die Voraussetzungen für die vom Standesamt gem. § 1617 Abs. 2 S. 1 BGB angeregte Übertragung des Namensbestim...

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