Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Ein Billigen im Sinne von § 140 Nr. 2 StGB liegt nicht vor, wenn die Äußerung eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den möglichen Ursachen der Bezugstat erkennen lässt.

  • 2.

    Die Losung "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" ist dem Originalkennzeichen "Blut und Ehre" metrisch, phonetisch und vor dem Hintergrund nationalsozialistischen Gedankengutes auch semantisch ähnlich. Kommt ferner die konkrete Art der Verwendung als ein gemeinsame Gesinnung repräsentierendes Erkennungszeichen hinzu, ist sie dieser Originallosung zum Verwechseln ähnlich i.S.v. § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB.

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Landgerichts K. vom 08. Mai 2002 hinsichtlich der Kostenentscheidung insgesamt und darüber hinaus aufgehoben, soweit bezüglich des in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft K. vom 08. Februar 2002 beschriebenen Falles Nr. 2 ("Ruhm und Ehre der Waffen-SS") die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wurde.

  • 2.

    Das Hauptverfahren gegen A. B. und C. D. wird bezüglich des Falles Nr. 2 eröffnet und die Anklage der Staatsanwaltschaft K. vom 08. Februar 2002 hinsichtlich der Tat Nr. 2 zur Hauptverhandlung vor der Strafkammer 6 des Landgerichts K. zugelassen.

  • 3.

    Die weitergehende sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen.

  • 4.

    Soweit das Hauptverfahren nicht eröffnet wurde, fallen die Kosten des Verfahrens und die den Angeschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft K. erhob unter dem 08.02.2002 gegen die Angeschuldigten A.B. und C.D. Anklage wegen Belohnung und Billigung von Straftaten (Tat Nr. 1) sowie Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Tat Nr. 2).

Beiden Anklagepunkten liegen auf einen Anrufbeantworter des "nationalen Infotelefons K." gesprochene Ansagentexte zugrunde:

Vom 14. September 2001 bis zum 04. Oktober 2001 (Tat Nr. 1) sei folgender Ansagetext bei einem Anruf zu hören gewesen:

"11. September New York oder the war is coming home! Das nationale Infotelefon K. solidarisiert sich ausdrücklich nicht mit den Betroffenheitsritualen und Lichterketten der westlichen Welt! Eine multikulturelle Gesellschaft, die keinen verfluchten Tag auslässt, in der noch so kleinsten Ecke dieser Erde Krieg zu spielen, braucht bestimmt nicht zu flennen, wenn die Geister, die sie rief, auch mal zu ihr kommen. Das World Trade Center, das Symbol für weltweite Ausbeutung und Globalisierung ist gefallen und ruht in Schutt und Asche! Wer Wind säht, wird Sturm ernten! Fuck the USA!"

Vom 05. Oktober bis zum 11. Oktober 2001 sei folgender Ansagetext bei einem Anruf zu hören gewesen:

"Hier spricht das nationale Infotelefon K. ....

(es folgen Hinweise auf Veranstaltungen)

Nun Kameraden, sehr unwahrscheinlich, dass die sauberen Herren der Stadt sich wieder solche Frechheiten erlauben werden. Also "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" und sichert euch einen Platz im K.er Bus".

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.05.2002 hat das Landgericht K. die Eröffnung des Hauptverfahrens insgesamt abgelehnt.

Die Entscheidung stützt sich im wesentlichen auf die Erwägung, dass der Ansagetext vom 14.09.2001 eine politische Bewertung des Terroranschlages vom 11.09.2001 darstelle, die sich trotz einer aggressiv-polemischen Formulierung inhaltlich noch im Rahmen dessen halte, was unter Beachtung der überragenden Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit als Beitrag zum politischen Meinungskampf ohne strafrechtliche Sanktion hinzunehmen sei. Eine ausdrückliche Billigung der mit dem Terroranschlag einhergehenden Ermordung von Tausenden von Menschen sei in diesem Text nicht enthalten. Auch eine konkludente Billigung der Tötung von Menschen könne dem Text nicht ohne weiteres entnommen werden.

Das im Text vom 05.10.2001 enthaltene Motto sei weder von einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation als Losung oder Parole verwendet worden, noch sei es einem tatsächlichen Kennzeichen der Waffen-SS oder einer sonstigen ehemaligen nationalsozialistischen Organisation so ähnlich, dass es von einem unbefangenen Beurteiler mit diesem verwechselt werden könne.

Gegen diesen die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber nur hinsichtlich der Tat Nr. 2 Erfolg.

II.

Bei den Anschlägen auf das World Trade Center in New York handelt es sich um nach deutschem Strafrecht als Mord strafbare Tötungsdelikte und somit taugliche Bezugstaten gem. § 126 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Diese Tat ist jedoch nicht in einer den öffentlichen Frieden zu stören geeigneten Weise gebilligt worden. Billigen i.S.v. § 140 StGB bedeutet soviel wie gut heißen (LK-Hanack, § 140 Rdnr. 14 m. Verw. auf BGHSt 22, 282) und liegt dann vor, wenn der Billigende eindeutig "seine Zustimmung dazu kundgibt, dass die Tat begangen worden ist und sich damit moralisch hinter den Täter stellt" (Schönke-Schröder-Cramer, § 140 Rdnr. 5). Die Auslegung des d...

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