Leitsatz (amtlich)

1. Die Prozessaufrechnung mit einer inkonnexen bestrittenen, nicht rechtskräftig festgestellten Gegenforderung setzt die internationale Zuständigkeit des Prozessgerichts für diese Forderung voraus.

2. Erst recht muss die internationale Zuständigkeit des Prozessgerichts für eine solche Forderung gegeben sein, wenn die Aufrechnung Grundlage einer Vollstreckungsgegenklage ist.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Entscheidung vom 23.05.2012; Aktenzeichen 11 O 12/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 03.04.2014; Aktenzeichen IX ZB 88/12)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 23. Mai 2012 - 11 O 12/10 - aufgehoben.

  • 2.

    Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

  • 3.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

  • 4.

    Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 258.939,44 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Z (nachfolgend: Schuldner) und wehrt sich im Wege einer (verlängerten) Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung der Beklagten aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen. Die Beklagte ist die geschiedene Ehefrau des Schuldners mit Wohnsitz in der Schweiz.

In dem Verfahren 11 O 82/06 des Landgerichts Karlsruhe stritten der frühere, inzwischen verstorbene Insolvenzverwalter des Schuldners und die Beklagte über die Wirksamkeit einer zwischen ihnen am 30. April 2001 geschlossenen und im Juli sowie September 2001 ergänzten Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung. Hintergrund des Rechtsstreits war, dass der Schuldner, der im Jahre 2001 wegen Wirtschaftsstraftaten zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, der Beklagten zur Erfüllung einer Güterstandsvereinbarung aus dem Jahr 1995 in erheblichem Umfang Vermögensgegenstände übertragen hatte.

Der frühere Insolvenzverwalter machte deshalb im Jahr 2000 gegen die Beklagte in großem Umfang Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung geltend und erhob im April 2001 gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von rund 115 Millionen DEM sowie auf Rückübertragung diverser Vermögensgegenstände. Am 30. April 2001 schlossen er und die Beklagte eine Vergleichs- und Auseinandersetzungsvereinbarung, wonach die Beklagte ihm ihr gesamtes Vermögen zu übertragen hatte und sich der Insolvenzverwalter im Gegenzug verpflichtete, aus dem übernommenen Vermögen 10 Millionen DEM zu zahlen. Außerdem sollte die Beklagte eine Abfindung in Höhe von weiteren 9,5 Millionen DEM als Gegenleistung dafür erhalten, dass sie als Gesellschafterin aus einer zur Verwertung von Vermögensgegenständen der Beklagten gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausschied.

Nachdem die Beklagte einen Großteil ihrer Verpflichtungen erfüllt hatte, kam es im Jahre 2004 zu einem Streit der Vertragsparteien über die weitere Abwicklung der Vereinbarung. Im November 2005 vertrat die Beklagte die Auffassung, die Vereinbarung sei sittenwidrig. Sie erklärte die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und trat außerdem von der Vereinbarung zurück mit der Begründung, der Insolvenzverwalter sei seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung nicht nachgekommen. Dieser klagte daraufhin auf Feststellung der Wirksamkeit der geschlossenen Vereinbarung. Das Landgericht Karlsruhe gab der Feststellungsklage statt, während das Oberlandesgericht Karlsruhe die Klage auf die Berufung der Beklagten mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig abwies. Die dagegen vom Insolvenzverwalter geführte Revision wurde durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.04.2010 - IX ZR 108/09 - zurückgewiesen.

Die Beklagte erwirkte in diesem Vorprozess einen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.06.2009 über 850.792,80 EUR und einen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.06.2010 über 347.684,80 EUR. Gegen die titulierten Kostenerstattungsansprüche hat der Kläger mit Schreiben vom 06.05.2010 und mit Schreiben vom 08.07.2010 mit einer Forderung in Höhe von 17,5 Millionen CHF aufgerechnet.

Die Aufrechnungsforderung war zuvor mit Klageschrift vom 23.12.2008 vor dem Bezirksgericht Meilen geltend gemacht worden. Sie wird auf folgenden Sachverhalt gestützt: Zu den nach der Auseinandersetzungs- und Vergleichsvereinbarung zu übertragenden Vermögensgegenständen gehörte auch ein Hausgrundstück in St. Moritz, das von der Beklagten 1997 für 4.060.000 CHF gekauft worden war. Nach dem Erwerb wurde das Anwesen für mehrere Millionen Schweizer Franken mit Mitteln des Schuldners umgebaut und erweitert. Nach dem Vortrag des Klägers erhöhte sich der Verkehrswert dadurch auf mindestens 17,86 Millionen CHF. In Zusammenhang mit der Erweiterung des Anwesens wurde das Grundstück in zwei Stockwerkeigentumseinheiten aufgeteilt, um den Erweiterungsbau ohne Einholung einer Bewilligung nach dem schweizerischen Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland zu verwirklichen. Eine Einheit wurde auf die Beklagte, die andere auf den Vater des Schuldners übertragen. Da die Liegenschaft ohne entsprechende behördliche B...

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