Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel gegen die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung eines Titels steht dem Schuldner die unbefristete Erinnerung gemäß § 732 Abs. 1 ZPO zu (Erinnerung gegen Erteilung der Vollstreckungsklausel). Das gilt auch dann, wenn die weitere vollstreckbare Ausfertigung erst nach einer Erinnerung des Gläubigers auf Anordnung des Richters erteilt wurde.

2. Die freiwillige Herausgabe des Vollstreckungstitels durch den Gläubiger an den Schuldner steht der Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung nicht entgegen, wenn der Bestand der Forderung und die Berechtigung des Gläubigers zur Vollstreckung weiterhin feststehen.

 

Normenkette

ZPO §§ 724, 732 Abs. 1, § 733

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 8 O 220/08)

 

Tenor

Das Verfahren der Erinnerung des Schuldners gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel vom 11.10.2018 für die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Freiburg vom 16.09.2008 - 8 O 220/08 - wird an das Landgericht Freiburg zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten nach einem Rechtsmittel des Schuldners um die Frage, ob der Gläubigerin zu Recht eine weitere vollstreckbare Ausfertigung eines Versäumnisurteils erteilt worden ist.

Die Gläubigerin erwirkte am 16.09.2008 ein Versäumnisurteil gegen den Schuldner, in welchem dieser verurteilt wurde, 12.008,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Der Gläubigerin wurde vom Landgericht Freiburg am 16.10.2008 eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt.

Für die Gläubigerin ist seit dem 02.09.2004 durch Beschluss des Amtsgerichts Staufen - Vormundschaftsgericht - eine Betreuung mit dem Wirkungskreis der Vermögenssorge angeordnet. Die Anordnung der Betreuung umfasst einen Einwilligungsvorbehalt. Seit dem 16.02.2017 ist R. B. zum Betreuer bestellt, welcher die Gläubigerin im vorliegenden Verfahren vertritt. Im Juni 2017 beauftragte der Betreuer den Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 16.09.2008 unter Beifügung der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels. Der Schuldner wandte sich an den Gerichtsvollzieher und wandte ein, die Forderung sei bereits seit dem Jahr 2011 vollständig bezahlt. Der Schuldner übermittelte dem Gerichtsvollzieher Quittungen der Gläubigerin und eine schriftliche Bestätigung der Gläubigerin vom 11.04.2011 (AS. 141 ff.). Sämtliche Urkunden waren von der Gläubigerin persönlich unterzeichnet. Der Bestätigung vom 11.04.2011 war eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung vom 12.04.2011 beigefügt. Der Gerichtsvollzieher informierte den Betreuer über die Unterlagen, welche er vom Schuldner erhalten hatte.

Mit Schreiben vom 12.07.2017 an den Gerichtsvollzieher erklärte der Betreuer, er habe bis dahin keine Kenntnis gehabt, dass die Forderung "offenbar bereits erledigt" sei. Er bitte den Gerichtsvollzieher darum, die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils an den Prozessbevollmächtigten des Schuldners auszuhändigen. Dies hatte der Prozessbevollmächtigte des Schuldners in einem Schreiben vom 10.07.2017 an den Betreuer "zur Vermeidung der Vollstreckungsabwehrklage" verlangt.

Nachträglich gelangte der Betreuer zu der Auffassung, dass die Forderung der Gläubigerin in Wahrheit vom Schuldner nicht bezahlt sei, und der Vollstreckungstitel daher zu Unrecht an den Schuldner ausgehändigt worden sei. Die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 16.09.2008 ist unstreitig nicht mehr vorhanden; der Schuldner hat die Urkunde vernichtet.

Mit Schriftsatz vom 08.01.2018 an das Landgericht Freiburg hat die Gläubigerin, vertreten durch ihren Betreuer, beantragt, ihr eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 16.09.2008 zu erteilen. Der Schuldner ist diesem Antrag entgegengetreten. Mit Verfügung vom 23.03.2018 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts den Antrag der Gläubigerin auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Erteilung gemäß §§ 733, 725 ZPO seien nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 05.04.2018 "sofortige Beschwerde" eingelegt, mit dem Antrag, die Entscheidung der Urkundsbeamtin aufzuheben und eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils zu erteilen. Mit Beschluss vom 10.10.2018 hat der zuständige Richter des Landgerichts die Urkundsbeamtin angewiesen, der Vollstreckungsgläubigerin eine weitere vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils zu erteilen. Das Rechtsmittel der Gläubigerin sei als befristete Erinnerung gemäß § 573 Abs. 1 ZPO statthaft. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung gemäß § 733 Abs. 1 ZPO seien gegeben. Die Urkundsbeamtin hat daraufhin am 11.10.2018 der Gläubigerin eine weitere vollstreckbare Ausfertigung erteilt.

Am 29.10.2018 hat der Schuldner mit einem Schriftsatz seines Prozessbevollmächt...

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