Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Sollen einem Strafgefangenen Haftkosten wegen schuldhafter Nichterfüllung seiner Arbeitspflicht in Rechnung gestellt werden, so hat die Anstalt in diesem oder in einem gesonderten Bescheid die tragenden Gründe hierfür darzulegen.

  • 2.

    • a.

      Wird ein Strafgefangener aufgrund der Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen zeitweise von der Arbeit abgelöst, so kann bei einem Arbeitswilligen nicht ohne weiteres von einer schuldhaften Nichterfüllung seiner Arbeitspflicht ausgegangen werden.

    • b.

      Dies ist nur anzunehmen, wenn der faktische Ausschluss des Gefangenen von der ihm zugeteilten Arbeit sich als am Sicherungszweck gemessen notwendige und für den Gefangenen ohne weiteres vorhersehbare Folge der Sicherungsmaßnahme darstellt.

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts -Strafvollstreckungskammer - U. vom 29. Oktober 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts U. zurückverwiesen

Der Gegenstandswert wird auf 500 EUR festgesetzt (§§ 52, 60 GKG).

 

Gründe

I.

Nach den - im gerichtlichen Verfahren nicht in Frage gestellten - Feststellungen des angefochtenen Beschlusses hat der Beschwerdeführer, der bereits mehrfach wegen Gewalttätigkeiten im Strafvollzug aufgefallen ist, am 23.7.2004 während des allgemeinen Hofgangs dem Mitgefangenen Z. nach einer vorangegangenen verbalen Auseinandersetzung ohne rechtfertigenden Grund einen Schneidezahn ausgeschlagen. Nachdem der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Anhörung zu dem Vorfall weitere Drohungen gegen den Verletzten ausgesprochen hatte, ordnete die Vollzugsbehörde an, dass sein Haftraum (bis auf weiteres) nur zur Essensausgabe geöffnet werde und er nicht am allgemeinen Hofgang, sondern am sog. "roten Hof" teilnehmen sollte. Diese Entscheidung, die die Strafvollstreckungskammer nicht beigezogen hat, wurde dem Beschwerdeführer am 23.7.2004 mündlich eröffnet.

Da der Beschwerdeführer infolge der angeordneten Absonderung seinen Arbeitplatz nicht aufsuchen konnte, setzte die Vollzugsbehörde gegen ihn mit Rechnung vom 10.8.2004 für die Zeit vom 26. bis 31.7.2004 einen Haftkostenbeitrag in Höhe von 71,46 EUR fest. Gegen diese Rechnung wandte sich der Beschwerdeführer mit dem am 24.8.2004 bei der Strafvollstreckungskammer eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag mit Beschluss vom 29. Oktober 2004 als unbegründet verworfen. Dagegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsbeschwerde des Gefangenen. Das Rechtsmittel, das zur Fortbildung des Rechts zuzulassen ist, hat Erfolg.

II.

Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StVollzG ist der Gefangene verpflichtet, die ihm zugewiesene Arbeit - unter hier nicht näher interessierenden Voraussetzungen - auszuüben. Nach dem durch Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl. I 3422) neu gefassten und am 11.12.2001 in Kraft getretenen § 50 Abs. 1 Satz 1 StVollzG erhebt die Vollzugsbehörde von jedem Gefangenen grundsätzlich ein Haftkostenbeitrag. Nach Satz 2 der Vorschrift unterbleibt die Erhebung bei einem Gefangenen, der ohne sein Verschulden nicht arbeiten kann. Mit anderen Worten: Ein Haftkostenbeitrag wird nur von dem Gefangenen erhoben, der schuldhaft nicht arbeiten kann. Ob diese Voraussetzung von der Vollzugsbehörde rechtsfehlerfrei bejaht wurde, ist somit allein Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

III.

Die Rechnung der Vollzugsbehörde vom 10.8.2004, gegen welche sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung richtete, enthält unter der formularmäßig vorgegebenen und handschriftlich angekreuzten Überschrift "Verschuldete Nichtarbeit" die ebenso gekennzeichnete Eintragung "verschuldet von der Arbeit abgelöst". Tatsächliche Feststellungen und rechtliche Erwägungen dazu, weshalb der Beschwerdeführer während des in der Rechnung aufgeführten Zeitraums verschuldet nicht arbeitete, enthält die Entscheidung nicht. Es spricht auch nichts dafür, dass der die Rechnung erstellende Kostenbeamte selbst tatsächliche Feststellungen getroffen und Erwägungen zu dieser Frage angestellt hat. Vielmehr ist anzunehmen, dass er sich bei Rechnungsstellung auf eine zuvor ergangene andere Entscheidung der Vollzugsbehörde hierzu bezog und diese ungeprüft übernahm. Um welche Entscheidung es sich dabei handelte, hat die Strafvollstreckungskammer allerdings nicht festgestellt. Nach Auffassung des Senats handelt es sich dabei um die Ausgangsentscheidung vom 23.7.2004, auf die im Vermerk der Vollzugsbehörde vom 27.7.2004 ("mit gesonderter Verfügung) und in der Stellungnahme der Vollzugsbehörde vom 7.9.2004 ("mit gesonderter Verfügung") zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers hingewiesen wurde. Diese zu erheben und mitzuteilen wäre aber notwendig gewesen, um verlässlich beurteilen zu können, weshalb die Vollzugsbehörde davon ausging, der Beschwerdeführer habe im genannten Zeitraum "verschuldet" nicht arbeiten können.

Da somit die Grundentscheidung, auf die si...

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