Tenor

Zuständig ist die 4. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine Rechtsanwaltsgesellschaft, hat mit Klageschrift vom 05.09.2018 bei der 4. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg Honorarforderungen in Höhe von insgesamt 308.969,75 EUR gegen die Beklagte geltend gemacht. Die Honorarforderungen resultieren aus der anwaltlichen Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte in zwei Schadensersatzprozessen vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe. Die Beklagte wird/wurde in den gegen Organmitglieder und den Mehrheitsaktionär gerichteten Prozessen nicht von ihren regulären Organen, Vorstand und Aufsichtsrat, sondern von Herrn Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater D vertreten, der von der Hauptversammlung der Beklagten mit Beschlüssen vom 30.06.2014 und vom 30.04.2015 als besonderer Vertreter bestellt wurde. Für die beiden Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe beauftragte der besondere Vertreter im Namen der Beklagten die hiesige Klägerin als weitere Prozessbevollmächtigte. Die Honorarklage wurde dem besonderen Vertreter zugestellt. Der besondere Vertreter bestellte daraufhin mit Klageerwiderung vom 18.09.2018 seine Sozietät E als Prozessbevollmächtigte der Beklagten und erkannte die geltend gemachten Ansprüche an. Mit Schriftsatz vom 19.09.2018 bestellte sich dann die Kanzlei C als Prozessbevollmächtigte der Beklagten und machte geltend, sie sei durch den Vorstand der B für die Beklagte beauftragt worden, und beantragte Klageabweisung. Mit Schriftsatz vom 29.10.2018 beantragte C namens der Beklagten, den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen zu verweisen. Durch Beschluss vom 05.12.2018 entschied die 4. Zivilkammer, den Rechtsstreit entsprechend dem von C gestellten Antrag an die Kammer für Handelssachen zu verweisen. Aufgrund des Verweisungsbeschlusses wurde die Rechtssache an die 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heidelberg abgegeben. Weder der Schriftsatz von C vom 29.10.2018 noch der Verweisungsbeschluss vom 05.12.2018 wurden dem besonderen Vertreter mitgeteilt. Die 12. Kammer für Handelssachen lehnte die Übernahme des Verfahrens durch Beschluss vom 10.12.2018 mit der Begründung ab, dass der Verweisungsbeschluss der 4. Zivilkammer willkürlich sei und daher entgegen § 102 Satz 2 GVG keine Bindungswirkung entfalte. Entweder sei ausschließlich der besondere Vertreter D zuständig, die Beklagte in dem Honorarrechtsstreit zu vertreten, da er die Organe Vorstand und Aufsichtsrat verdränge, oder diese Zuständigkeit liege bei Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten, weil die Schadensersatzprozesse sich auch gegen ehemalige und amtierende Mitglieder des Vorstands richteten (§ 112 AktG). Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt sei allein der Vorstand befugt, die Beklagten in dem Rechtsstreit mit der Klägerin zu vertreten. Da der Aufsichtsrat C keine Prozessvollmacht erteilt habe, fehle es somit in jedem Fall an einem wirksamen Verweisungsantrag der Beklagten und damit in evidenter Weise an den Voraussetzungen des § 98 GVG. Mit Verfügung vom 14.12.2018 gab die 4. Zivilkammer der Klägerin und Rechtsanwälten C für die Beklagte Gelegenheit, zur Frage der Zuständigkeit Stellungnahme zu nehmen. Nachdem Rechtsanwälte C mit Schriftsatz vom 10.01.2019 den Verweisungsantrag zurückgenommen und zudem vorgetragen haben, dass der Aufsichtsrat der Beklagten ihre bisherige Prozessführung zwischenzeitlich genehmigt und ihnen Prozessvollmacht erteilt habe, teilte die 4. Zivilkammer mit Verfügung vom 08.02.2019 mit, dass sie infolge der Rücknahme des Verweisungsantrags durch Rechtsanwälte C wieder von ihrer Zuständigkeit ausgehe.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass im Hinblick auf den Verweisungsbeschluss der 4. Zivilkammer und der 12. Handelskammer eine Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht Karlsruhe zu erfolgen habe.

Die Parteien hatten Gelegenheit, im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren Stellung zu nehmen.

II. Zuständig ist die 4. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg.

1. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist entsprechend §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen. Die Vorschriften sind auf Streitigkeiten über die funktionelle Zuständigkeit einer Kammer für Handelssachen und einer Zivilkammer entsprechend anzuwenden (vgl. BGHZ 71, 271; KG Beschluss vom 13.03.2008, 2 AR 10/08 - juris Rn. 2; Zöller-Schultzky, ZPO 32. Auflage 2019 § 36 Rn. 39 mwN).

2. Der Anwendungsbereich von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist eröffnet, da sich sowohl die 4. Zivilkammer durch Beschluss vom 05.12.2018 als auch die 12. Kammer für Handelssachen mit Beschluss vom 10.12.2018 für unzuständig erklärt haben. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist dabei im Interesse einer raschen Klärung negativer Kompetenzkonflikte entsprechend anzuwenden, wenn verschiedene mit der Sache befasste Gerichte bzw. verschiedene Spruchkörper ihre Kompetenz leugnen und die Unzuständigkeitserklärungen den Verfahrensbeteiligten zumindest bekannt gemacht wurden (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 1154; Zö...

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